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Archiv-Artikel

strafplanet erde: luftraum verden von DIETRICH ZUR NEDDEN

Im Zuge der privaten Portfolio-Verschlankung nimmt man gern das Angebot von Probe-Abos an. Marktwirtschaft, wie sie sein soll: Je tiefer ihre Erlöse sinken, desto großzügiger sind die Verlage: „Zum Kennenlernen!“ In der Regel kennt man die Publikationen zwar und hat trotzdem kein Abo, aber solange es nicht automatisch in ein reguläres Engagement transformiert wird, ist ja alles gut.

Alles gut? Von wegen. Geradewegs dramatisch war vorgestern jene 24-Zeilen-Meldung in der Zeitung, die unserem Haushalt momentan kostenlos zugeht. Ein Montagmorgen immerhin, an dem man noch etwas trübe der Woche entgegenblinzelt. Im Ressort „Niedersachsen“ alarmierte die Überschrift „Iraker kunden den Luftraum aus“ das nur bedingt auf den Verteidigungsfall vorbereitete Herz. War es wieder so weit? Wie praktisch den ganzen Zweiten Weltkrieg über: „Verbrechen gegen die Deutschen?“ (Geo-Titel vor zwei, drei Monaten). Nu, erst mal lesen: Bei mehreren niedersächsischen Verkehrs- und Tourismusbüros, hieß es, hätten Anrufer aus dem Irak um „Karten und Luftbildaufnahmen von Städten“ gebeten. Volker Homuth, der Präsident des Landesamtes für Verfassungsschutz, beruhigte zwar, es gebe „keinerlei Hinweise, dass es sich um eine nachrichtendienstlich gesteuerte Aktion des Irak“ handele, aber denkbar „wäre auch eine Provokation der irakischen Behörden, um hier in Deutschland für Aufregung zu sorgen“.

Das war ihnen gelungen. Nebendran die Meldung, „Einbrecher“ hätten die „schöne alte Bücherei“ von Stade in Brand gesetzt. Einbrecher! Das glaubte doch niemand mehr. Jetzt hieß es Ruhe bewahren und professionell vorgehen. Ich rief meinerseits beim Verfassungsschutz an, denn ohne eigene Recherche geht gar nichts bei diesem hochsensiblen Thema. Und die prompte Auskunft bewies: Nach wie vor ist auf unsere Sicherheitsbehörden Verlass.

Nicht um Telefonanrufe habe es sich gehandelt, sagte Presseprecher Rüdiger Hesse, sondern um Briefe aus dem Irak, die bei Tourismuszentralen in fünf Bundesländern eingetroffen seien, auf niedersächsischem Gebiet ein einziger in Verden. Um „Informationsmaterial“ habe der Absender gebeten. Das könnte alles dem Versuch der „Panikerzeugung“ dienen, man bleibe dran.

Hoffentlich, denn ob jemand im Irak (und wenn ja, wer?) gegenwärtig eine Reise nach Verden plant, muss geklärt werden. Inzwischen konnte ich mich der anderen Zeitung zuwenden, die uns im Moment zum Kennenlernen erreicht. Würde die Zeit die hochgesteckten Erwartungen erfüllen? Ein Indiz, dass unsereins letztlich doch ganz knapp an mindestens einem der zahllosen Zielgruppensegmente vorbeischrammt, war auf der Seite für Gourmets die Frage einer Leserin aus Köln: „Ist es beim Essen von Hummer gestattet, sich die Serviette um den Hals zu binden?“ In dem Bereich zwar nur Theoretiker, riskiere ich, um nicht als lustfeindlich zu gelten, eine Antwort und verwette obendrein alle laufenden Probe-Abos, dass sie nicht ganz falsch ist: Solange die Serviette kräftig festgezurrt wird, spricht nichts dagegen.