Das Volk da oben

Einigung über Volksentscheide und direkte Demokratie. Alle vier Fraktionen stimmen der Verfassungsänderung zu

Farid Müller fand große Worte: „Dieser Tag ist der Durchbruch für die direkte Demokratie“, erklärte der GAL-Abgeordnete am Donnerstag bei der Vorstellung des künftigen Volksentscheidrechts. Nun hätten die BürgerInnen immer das letzte Wort: „Was das Volk beschließt, müssen ‚die da oben‘ respektieren“, kündigte Müller an.

Die schwarz-grüne Koalition und die Volksinitiative „Für faire und verbindliche Volksentscheide“ haben sich nach monatelangen Verhandlungen auf einen Gesetzentwurf geeinigt, der eine Änderung der Hamburger Verfassung erfordert. Sowohl die SPD-Fraktion, ohne die keine verfassungsändernde Zweidrittel-Mehrheit in der Bürgerschaft zustande käme, als auch die Linke kündigten ihre Zustimmung an. Am 10. Dezember soll die neue Regelung im Parlament beschlossen werden.

Wie die taz bereits am Mittwoch vorab berichtete, sollen Volksentscheide in Hamburg verbindlich werden. Zwar könnten Senat und Bürgerschaft weiterhin Volksentscheide ändern oder kippen, aber nur mit Zustimmung des Volkes. Wenn nur 2,5 Prozent der Wahlberechtigten – also rund 30.000 Bürger – widersprechen, dürfen die Änderungswünsche nicht beschlossen werden, sondern müssen zu einem neuen Volksentscheid vorgelegt werden. Zudem finden Referenden grundsätzlich nur noch gleichzeitig mit Bürgerschafts- oder Bundestagswahlen statt. Dadurch können die Zustimmungsquoren wegen der höheren Wahlbeteilung leichter erreicht werden.

Durch die Einigung wird ein mehr als zehn Jahre dauernder Streit beendet, der seinen Höhepunkt 2004 gefunden hatte. Damals verkaufte der allein regierende CDU-Senat trotz eines gegenteiligen Volksentscheids die städtischen Krankenhäuser und änderte zudem ein vom Volk beschlossenes Wahlrecht wieder. Im schwarz-grünen Koalitionsvertrag vom April wurde auf Wunsch der GAL vereinbart, eine einvernehmliche Lösung zu finden. SVEN-MICHAEL VEIT