daumenkino : Kevin Spacey hassen
„Das Lebendes David Gale“
Anfang dieses Jahres hob George Ryan, der scheidende Gouverneur von Illinois, in einem beispiellosen politischen Entschluss alle Todesurteile in seinem Bundesstaat auf. Denn es könne nicht ausgeschlossen werden, dass Unschuldige verurteilt würden. Auch bestehende Moratorien in anderen Bundesstaaten wurden durch die Vielzahl der Fehlurteile erzwungen. Dass das System funktioniere, weil hin und wieder die Unschuld eines Verurteilten noch rechtzeitig ans Licht kommt, ist kein Argument selbst der Befürworter der Todesstrafe. Das aber unterstellt Alan Parkers Film „Das Leben des David Gale“.
Daher benutzen der Gegner der Todesstrafe David Gale (Kevin Spacey) und seine Mitstreiter mit der Einwilligung einer weiteren Aktivistin deren Selbstmord, um ihn David Gale als Mord unterzuschieben. Zwangsläufig fallen die schlampig ermittelnde Polizei, der miese Strafverteidiger sowie Gericht samt Jury auf die große Intrige zugunsten des großen Kampfes rein. Kurz vor seiner Exekution allerdings macht Gale publik, dass er unschuldig zu Tode kommen wird, und stellt damit das ganze „lausige Justizsystem“ (Herta Däubler-Gmelin) bloß. Zu erfahren, dass Charles Rudolph, der diesen perfiden Plot schrieb, ein Hinterwäldler aus den Südstaaten ist, ein verrückter Christ, der früher als Mitglied einer evangelischen Missionsgruppe von Wien aus Bibeln in den Ostblock schmuggelte, erstaunt nicht.
Man möchte ja lange hoffen, das Thema von „David Gale“ sei das ungeheuerliche Verhalten einer Gruppe verzweifelter Fanatiker. Das Verhalten von Leuten, die sogar bereit sind, die traurige Tatsache eines Selbstmords zu instrumentalisieren, um wissentlich und willentlich einem Mord zuzuarbeiten. Doch „David Gale“ geht es tatsächlich nur um den billigen Thrill, ob es die Reporterin (Kate Winslet) noch rechtzeitig schafft, hinter die Wahrheit zu kommen. Und weil die Frage erst gar nicht aufkommen darf, ob er und seine Mitstreiter eigentlich noch richtig ticken, chargiert Kevin Spacey als David Gale auf Teufel komm raus über diese einzige Untiefe hinweg, die hier Drehbuch heißt. Hätte man je geglaubt, ihn als Schmierendarsteller entdecken zu können? Allein, dass man ausgerechnet Kevin Spacey hasst, wenn man aus dem Kino kommt, dürfte das beste Argument gegen „David Gale“ sein. WBG
„Das Leben des David Gale“. Regie: Alan Parker. Mit Kevin Spacey, Kate Winslet u. a. USA 2002, 131 Min.