: Ich als Stehleuchte
„Kater in Hotels“ von Gesine Danckwart & Robin Arthur ist in den Sophiensælen in die erste Nacht gestartet
Die Arbeit an der Optimierung des Selbst scheint mal wieder gegen die Wand gefahren. Nun stehen sie da, drei Männer und zwei Frauen in der ersten Nacht von Gesine Danckwarts und Robin Arthurs Trilogie „Kater in Hotels“. Auf Betten oder an der Bar betrachten sie, was übrig blieb vom Versuch, ein anderer zu werden. „Ich muss jetzt niemand Besonderes mehr sein, ich muss nicht mehr erkannt werden, ich mach jetzt mehr so in den Dingen“, sagt eine junge Frau. Später setzen zwei Männer Lampenschirme auf und tarnen sich als Stehleuchte. Ist das die Zukunft – unauffällig werden wie Hotelzimmerbilder auf Eschefurnier?
„Kater in Hotels“ ist ein Projekt des englischen Performers Robin Arthur von der Gruppe Forced Entertainment und der Autorin Gesine Danckwart. Sie haben Textbausteine entwickelt und Spielsysteme überlegt, die nun mit wechselnden Besetzungen aufgefüllt und zum Ende des Probenmonats aufgeführt werden. Angenehm oszillierte der erste Teil zwischen Theater und Performance: „Heute denken wir uns den Fluss aus, heute fädeln wir den Faden ein.“ So doppeldeutig beschrieben die Sätze oft nicht nur die Entwürfe zum Subjekt, sondern markierten zugleich den Prozess der Entstehung des Abends selbst.
„Und auf einmal bricht die Liebe ein, ach ja, und bohrt sich durch Panzer und ruft nicht an.“ Von ganz weit hinten kommt dieser Text durch den Saal, streift wie eine Katze an der Bar vorbei, wiederholt sich, kreist um die Pfeiler und verliert sich irgendwo vorn. Das sind keine Rollen, die gespielt werden, das lässt sich eher Einstellungen vergleichen, im Rückblick und im Zeitraffer. Ein Stückchen Text wird hin und her gewendet wie ein alter Mantel, zum Hineinkriechen und Ablegen. Daneben taucht schon die nächste Einstellung auf, diesmal Nahaufnahme: Der rührt sich nun nicht vom Fleck beim Reden, und man glaubt ihm die Beklemmung. „Dieser verbitterte Zug, wenn ich zu viel arbeite, was mit diesem Gesicht passiert, und zack, ist wieder ein anderer vorbei, weil er so locker …“ Und in gnadenloser Selbstbeobachtung liefert er sich dem Publikum aus und vertraut sich an.
Das Flüchtige eines sich verändernden Textes kommt den beschriebenen Situationen entgegen. Inhalt und Aufführung stehen sich ein wenig unsicher gegenüber – das trägt in diesem Fall zur Durchlässigkeit bei. Nicht zuletzt lebte der erste Abend von den guten Performern (Alexandra Schmid, Mariel Jana Supka, Tobias Lange, Lajos Talamonti, Robin Arthur), die den Raum um sich immer weit und für Veränderung offen ließen. KATRIN BETTINA MÜLLER
Heute, 21.30 Uhr und 28. 4. bis 1. 5., Sophiensæle