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Archiv-Artikel

WIR WERDEN TOLL COLLECT NICHT LOS Dürftiges Entgegenkommen

Genau das war zu befürchten: Beim ersten Entgegenkommen der beiden Stümperkonzerne DaimlerChrysler und Telekom knickt die Bundesregierung ein und feiert den neuen Konsens. Als die Einigung verkündet wurde, war allerdings nicht zu übersehen, dass Verkehrsminister Stolpe ein Gesicht machte, als wäre gerade seine Großmutter vom 40-Tonner überrollt worden. Sitzt da schon der als Nachfolger gehandelte Bremer Fahrradkurier Henning Scherf bei Stolpe auf der Schulter?

Rührend war das Statement der Telekom. Während Stolpe vergangene Woche von „Unverschämtheiten“ und „Widerwärtigkeiten“ sprach, lobte der Telekom-Chef die „jederzeit konstruktive Atmosphäre“. Wie weit geht eigentlich die Selbstachtung von Politikern, wie groß darf der Ring sein, den ihnen die Industrie durch die Nase bohrt? Auch der Kanzler, soeben – unter anderem wegen der Maut – in Hamburg geohrfeigt, bemühte sich um ein freundliches Gesicht. Noch vor Tagen hatte Daimler-Chef Schrempp geblafft, er habe keinen Gesprächsbedarf mit Schröder.

Jetzt wird mit denselben Konzernen, die falsche Unterschriften leisten und uns belogen, betrogen und hingehalten haben, die für ein Finanzdebakel von 6,5 Milliarden Euro die Verantwortung tragen und nichts davon wissen wollen, wieder gemeinsame Sache gemacht. Das Entgegenkommen von Toll Collect bleibt dürftig. Über den Gesamtschaden ist keine Einigung erzielt worden. Und der vorgelegte Zeitplan ist ebenso unbefriedigend wie unrealistisch. Nicht nur die Spediteure sind überzeugt, dass die nächste Blamage vor der Türe steht. Mit neuen Terminen und Versprechen wird überdeckt, dass noch immer niemand verbindlich sagen kann, bis wann Onboard-Units, Software, Satellit und Lastwagen ein funktionierendes, Maut produzierendes Gesamtkunstwerk abgeben.

Der Rückzug von DaimlerChrysler ist immerhin zu begrüßen. Mit Siemens könnte Kompetenz in die Stümperrunde kommen. Nur: Man hat den Eindruck, die Landebahn wird gerade erst gebaut, während das Flugzeug längst in der Luft ist.

MANFRED KRIENER