: Spitzensteuersatz
Die rot-grüne Koalition ist großzügig. In immer neuen Etappen reduziert sie die Steuern. So wird der Spitzensteuersatz von früher 53 auf 42 Prozent im Jahre 2005 sinken, der Eingangsteuersatz nimmt ebenfalls von einst 25,9 auf 15 Prozent ab. Das sieht zunächst sozial sehr ausgewogen aus. Aber ist es das? Und war diese staatliche Großzügigkeit wirklich nötig?
Schaut man andere Länder an – dann müssten die Steuern nicht sinken. Denn wie die OECD 2001 ermittelte, hatte Deutschland mit 21,7 Prozent den niedrigsten Steueranteil am Bruttoinlandsprodukt in Europa. Diese Steuerquote lag nur in Japan und den USA niedriger. Auch wenn man die Sozialabgaben hinzuzählt, befanden sich die Deutschen mit 36,4 Prozent des BIP im europäischen Mittelfeld.
Aber guter Durchschnitt ist ja noch kein Grund, nur Durchschnitt zu bleiben. Zumal die Regierung hofft, dass die Steuersenkungen die Nachfrage ankurbeln. Bisher wurde diese Hoffnung allerdings enttäuscht. Die erste Stufe der Steuerreform 2000 hat den Staat ungefähr 30 Milliarden Euro jährlich gekostet. Doch der Konsum wurde nicht belebt, die Binnennachfrage stagniert.
Vielleicht wurden ja die falschen Gruppen entlastet. Denn nur die unteren Einkommensempfänger setzen den Lohn komplett in Waren um, die Besserverdienenden neigen zum Sparen. Zumal wenn ihnen von der Politik ständig erläutert wird, dass sie für ihre Rente privat vorsorgen müssen.
Will man jedoch ermitteln, wie stark welche Einkommensgruppen von den Steuererleichterungen profierten, dann wird es schwierig. Denn die letzten verlässlichen Zahlen stammen von 1995. Gerade arbeitet das Statistische Bundesamt an einer neuen Erhebung – für 1998. Auch das liegt bekanntlich weit vor den rot-grünen Steuerreformen.
Die nächsten Stufen der Steuerreform werden nochmals etwa 25 Milliarden Euro jährlich kosten. Auch hier: Mehr als Vermutungen, hübsche „Hochrechnungen“, gibt es nicht, wer profitieren könnte. So besagt eine Daumenpeilung, dass es den Staat etwa 2 Milliarden Euro kostet, den Spitzensteuersatz um 1 Prozent zu senken. Da er in den letzten Stufen von 48,5 auf 42 Prozent sinken soll, macht dies ungefähr 13 Milliarden Euro aus. Das heißt: Die Hälfte der Steuerentlastung geht an jene, die am besten verdienen. Das ist aber ganz bestimmt nicht die Hälfte der Bevölkerung. Das weiß man auch ohne Hochrechnung.
ULRIKE HERRMANN