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Archiv-Artikel

wie picobello es in den sechzigerjahren war von PETER KÖHLER (Klasse 4a)

Endlich ist die Wohnung schmutzig. Mutti hat eine Fluse auf dem Teppich entdeckt. „Wer war das?!“, fragt sie ganz sanft. Nachdem sich die kleine Liese einen Rüffel abgeholt hat und zur Strafe das Staubkorn selber in den Mülleimer bringen musste, läuft Mutti zur Hochform auf. Küche und Bad sind seit gestern Abend nicht feucht durchgewischt worden. Außerdem ist auf der Wohnzimmerschranktür ein Fingerabdruck zu sehen, wenn das Licht der Morgensonne schräg durchs Fenster fällt und man in einem Winkel von 36,4 Grad auf die Schranktür blickt. „Wie das hier aussieht!“, tut Mutti böse. „Wie in einem Schweinestall!“

Dann geht es los. Vergeblich wölbt sich die Wohnung Gnade heischend Mutti entgegen, die gestiefelt und gespornt, im Kittel und um den Dez ein Kopftuch geknotet, mit Eimer, Schrubber und Lappen aufmarschieren tut. Jetzt kriegt Freund Dreck eins in die Fresse, bis alles picobello ist und man von der Auslegeware essen könnte. Aber das muss man gar nicht, weil auch der Esstisch schön abgewischt wurde. „Wir sind hier nicht bei Hempels!“, strotzt Mama stolz, als endlich auch das Klo wieder abflussfrei ist.

„Mami, ich hab das hier in eurem Schlafzimmer gefunden!“, kommt Liese an und reicht Mama ein Kondom. „Pfui, Liese!“, mosert Mutti, „so was fasst man nicht an! Wo hast du das denn her!“ – „Von hinter dem Bett bei euch, hab ich doch gesagt!“ – „Werd nicht frech! Marsch ins Kinderzimmer mit dir und tu spielen!“

Plötzlich ist wie von ungefähr Klein Bernd durch die frisch gewischte Küche gestiefelt. „Von wem sind die Fußtapser!?“, schimpft Mutti und stopft Berndchen kopfüber in den Wischwassereimer. Aber nach ein paar Minuten lässt Mama Gnade vor Recht ergehen und bearbeitet den sauberen Herrn Sohn mit dem Besenstiel, damit er lernt, dass Schwächere bestraft werden. „Das tut mir mehr weh als dir!“, predigt Mutti. „Eines Tages wirst du mir dankbar sein. Du Ferkel!“

Damit wird Mutti langsam ruhiger, ihr Zorn ist am Verrauchen. Da stolpert sie im Kinderzimmer über Liese. „Steh mir nicht dauernd im Weg!“, zankt Mami sie aus und wirft Lieses Puppe in den Müll. „Das hab ich dir schon tausend Mal gesagt!“, knuttert Mutti. „Da brauchst du gar nicht zu flennen. Oder willst du den Popo voll?“, staucht sie die ungezogene Göre zurecht. „Räum lieber dein Zimmer auf! Zeig, dass du deine Mutter liebst!“ Jetzt spurt Liese. Brav hilft sie der Mama dabei, alle Spielsachen, die so rumliegen, in den Müll zu schmeißen. So ist die doofe Liese, die blöde Kuh.

„Wer nennt Liese doof? Hast du sie eine blöde Kuh genannt? Ich zieh dir die Hammelbeine lang, mein Freund!“, brüllt Mama, farblich von Weißglut geprägt. „Dir werd ich zeigen, wer doof und eine blöde Kuh ist, bis du nicht mehr sitzen kannst!“ Mutti will gerade mit meiner Erziehung beginnen, da klingelt der Wecker.

Uff! Alles war nur ein Traum. Ein herrlicher Morgen linst durchs Fenster, die liebe Sonne scheint schön am Himmel, Frühling lässt sein blaues Band. Alles ist gut!

Dann entdeckt Mutti eine Fluse auf dem Teppich.