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Archiv-Artikel

Jukebox

Märchen vom Pop-Prinzen, der keiner sein wollte

Liebe Kinder, lasst euch berichten aus einer Zeit, in der man Musik noch in der Form von unhandlichen schwarzen Scheiben auf dem Flohmarkt mit einer Währung namens D-Mark (siehe auch die rechte oberen Ecke unserer Abbildung) erwerben musste, anstatt sie wie heute kostenlos aus dem Internet herunter zu laden. In dieser untergegangenen Ära gab es eine Band, die hieß Fehlfarben. Ihr, liebe Kinder, kennt sie vielleicht von der taz-Geburtstagsfeier im Tempodrom, als ihr in euren unter dem Steißbein hängenden Hosen auf die Beginner gewartet habt. Ihr Sänger hieß Peter Hein. Der ist der Prinz in unserem Märchen.

Prinz Peter hatte damals einen ziemlichen Erfolg mit diesen Fehlfarben. Aber der Prinz wollte kein Held sein, ließ den Erfolg sausen und sang fortan lieber in einer kleinen Band. Die versuchte deutschen Soul zu spielen und nannte sich Family 5. Hier blieb der große Erfolg aus, aber das war dem Prinzen nur recht. Man trat in kleinen Clubs und Jugendzentren auf und brachte 1985 das Album „Resistance“ heraus mit dem größenwahnsinnigen Untertitel „13 yet unknown classics“ – retrospektiv betrachtet vielleicht durchaus gerechtfertigt.

Auf der Rückseite dieser Platte kann man direkt neben Peter Hein einen gewissen Axel Schulz bewundern, der damals noch Knabben hieß und kurz darauf märchenhaft reicher Manager einer Band namens Die Ärzte wurde – selbst auf seiner Bürotoilette hängen heute goldene Schallplatten.

Prinz Peter dagegen blieb bescheiden, wie es sich für einen Märchenhelden gehört. Heute hat er wieder Urlaub genommen von seinem Job bei einem Kopiergerätehersteller und nach den Fehlfarben wieder mal Family 5 wach geküsst. Diese Prinzessin, liebe Kinder, solltet ihr euch heute Abend im Magnet Club mal anhören, bevor sie sich wieder schlafen legt in ihrem dornenumrankten Schloss aus einer anderen Zeit. THOMAS WINKLER