: Aufbau Ost wird abgebaut
Die ostdeutschen Länder sollen im nächsten Jahr 65 Prozent weniger Fördermittel erhalten. Länderchefs und Wirtschaftsexperten sehen den Aufbau Ost in Gefahr
BERLIN taz ■ Die Solidarität des Bundes mit den ostdeutschen Ländern schwindet. Nach Informationen des Tagesspiegels vom Samstag will Wirtschaftsminister Wolfgang Clement (SPD) den fünf neuen Ländern die bereits zugesagten Fördermittel für 2005 um insgesamt 65 Prozent kürzen. Ein Jahr später sollen die neuen Länder maximal 60 Prozent der vereinbarten Summe erhalten. Eine Sprecherin des Ministeriums begründete die Pläne mit der angespannten Haushaltslage. Nach Prognosen der Steuerschätzer muss der Bundeshaushalt im kommenden Jahr Einnahmeausfälle in zweistelliger Milliardenhöhe verkraften.
Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) hat die Pläne seines Parteifreundes Clement scharf kritisiert. Eine Reduzierung der Gelder aus der Bund-Länder-Gemeinschaftsaufgabe um mehr als die Hälfte für das kommende Jahr könne er nicht akzeptieren. Platzeck monierte, dass der Bundeswirtschaftsminister damit eine „tragende Säule des Aufbaus Ost“ gefährde. „Das ist kurzsichtig und nicht hinnehmbar.“ Brandenburg erhält nächstes Jahr statt 98 nur 55 Millionen Euro vom Bund. Mit Hilfe der so genannten GA-Mittel bauen Kommunen ihre Infrastruktur aus und unterstützen private Investoren bei der Ansiedlung. So soll die regionale Wirtschaft gefördert werden, eine Aufgabe, die sich Bund und Länder teilen.
Auch der wirtschaftspolitische Sprecher der Grünen, Werner Schulz, hält die Clement’sche Streichorgie für verfehlt. „Bei allen Sparanstrengungen – der Aufbau Ost ist eine Zukunftsaufgabe, an der wir nicht sparen sollten“, sagte Schulz der taz. Vielmehr gehe es darum, Ostdeutschland als Verbindungsregion zu den östlichen Mitgliedern der EU auszubauen. Dazu seien Fördermittel in bisherigem Umfang nötig, die jedoch zielgerichteter eingesetzt werden müssten. „Für sanften Tourismus und wirtschaftliche Wachstumskerne, dafür wird das Geld gebraucht,“ sagte der Grünen-Wirtschaftsexperte.
In diesem Jahr erhalten die ostdeutschen Länder 600 Millionen Euro GA-Mittel, an die westlichen Länder gehen 100 Millionen Euro. Die rot-grüne Koalition will im Haushalt 2005 Subventionen in Höhe von rund 2,6 Milliarden Euro abbauen. ALE