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In der Biberburg

Paarungszeit von Bibermann und Biberfrau sind Februar und März. Nach drei Monaten bringt das Weibchen zwei bis vier Junge zur Welt. Mit einem Monat können die Jungen schwimmen und sich selbst ernähren. Mit zwei, spätestens drei Jahren werden die Jungtiere vertrieben und suchen sich paarweise eigene Reviere, was oft nur mit Verbiss von Rivalen abgeht. Biber sind Vegetarier, werden bis zu vierzig Kilo schwer und fünfzig Jahre alt.

Biberbaue bestehen aus einem meterlangen, weit verzweigten unterirdischen Röhrensystemen mit Wohnkesseln am Ende und der aus Ästen kunstfertig gebauten Biberburg obendrauf. Die Eingänge sind stets unter Wasser, weshalb die Tiere aus Baumstämmen, Ästen, Zweigen und Schlick ihre Dämme bauen, manchmal anderthalb Meter hoch und über hundert Meter breit. Biber sind geschickte Schwimmer und können bis zu fünf Minuten und hundert Meter weit tauchen. Feinde sind außer dem Menschen herumstreunende Hunde.

Die Kirche war von castor fiber stets beeindruckt: Olasu Magnus, Bischof von Uppsala, schreibt 1520, der Biber „verfertige mit wunderbarer Kunst, bloß von der Natur unterrichtet, aus Bäumen seine Häuser“. Anderes faszinierte die Mönche seit dem Mittelalter: Sie glaubten, im schwimmfreudigen Biber einen Fisch zu erkennen und beantragten beim Papst ein Gattungsdekret. Der Heilige Stuhl machte mit, somit konnte man den Biber zur Fastenzeit essen. Ein üblicher bigotter Trick übrigens: Im 16. Jahrhundert schafften es Missionare in Venezuela, das südamerikanische Wasserschwein mit päpstlichem Segen zum Fisch zu erklären und zu verspeisen. Kirchliche Biologie nach Gutdünken – noch 1754 erklärt der Jesuitenpater Charlevoix: „Bezüglich seines Schwanzes ist der Biber ganz Fisch.“

1966 gab es in der Bundesrepublik Biber ausschließlich im Zoo, in der DDR lebte eine kleine Population an der Elbe. Heute zählt man gut 10.000 Tiere in Deutschland, davon zwei Drittel in Bayern. Wie in der Eifel gibt es im Spessart, wo der Biber vor gut einem Vierteljahrhundert noch unbekannt war, schon wieder gut hundert Tiere. Im Sommer 2000 tauchte erstmals seit 200 Jahren wieder eine Biberfamilie in Radolfzell am Bodensee auf, vermutlich aus der Schweiz immigriert. Größere Bestände gibt es in ganz Ostdeutschland, einige Tiere im Saar- und Emsland. Ansonsten ist er in Osteuropa sehr verbreitet, in Skandinavien und Nordamerika.

Aus Brehms Tierleben 1953: „Der Kopf ist plattscheitelig, kurz- und stumpfschnäuzig, der Schwanz von oben gesehen eirund gestaltet. Im Sitzen sieht das Tier wie eine große plumpe Maus aus … Wie bei den meisten Tieren ist das Weibchen der eigentliche Baumeister, das Männchen mehr Zuträger und Handlanger. (…) Bei größter Eile führt der Biber Sätze aus, welche an Plumpheit und Ungeschicklichkeit die aller übrigen mir bekannten Landsäugetiere übertreffen. (…) Die kleinen Augen sehen ziemlich blöde aus. Gefühl kann dem Tiere nicht abgesprochen werden. Über den Grad des Verstandes kann man verschiedener Meinung sein. (…) Männchen und Weibchen benehmen sich sehr zärtlich, umarmen sich buchstäblich und wiegen sich dann mit dem Oberleibe hin und her.“

Der Biber steht als vom Aussterben bedrohte Tierart unter Naturschutz und genießt somit ein strenges Vermarktungsverbot. Deshalb gab es vergangenen Herbst große mediale Aufregung, als bekannt wurde, Biberberater Gerhard Schwab wolle ein großes Biberessen im privaten Rahmen veranstalten. Schwab sagte das Essen ab; genascht hat er aber durchaus schon mal, wenn ein Tier getötet werden musste: Biber schmecken „sehr eigen, mit kräftigem Wildgeschmack. Jagdverbände fordern bisweilen die Jagdfreigabe. Ohne Chance bislang: „Unter waidmännischen Aspekten wäre ein pauschales Hineinballern in die Bestände eine Katastrophe“, sagt der BN-Artenschutzreferent Kai Frobel.

Infos unter www.biber.info BM

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