: Opernstiftung im Sack
Senat stimmt Gesetzentwurf für Stiftung „Oper in Berlin“ zu. Drei Häuser mit Beginn 2004 unter einem gemeinsamen Dach. Außerdem werden selbstständiges Ballett und Service-GmbH gegründet
von ROLF LAUTENSCHLÄGER
Wenn ein Kultursenator, gleich welcher Couleur, vor einem Jahr den Ausspruch „Zum 1. Januar 2004 wird die Stiftung ‚Opern in Berlin‘ die Tätigkeit aufnehmen“ gewagt hätte, alle hätten gelacht. Eine Opernstrukturreform mit dem Ziel massiver Kürzungen, der Erhalt aller drei Bühnen und die Beibehaltung der künstlerischen Oberhoheit aller drei Intendanten – das geht niemals, hätte es geheißen. Am Dienstag hat der rot-rote Senat auf seiner Sitzung das „Gesetz über die Stiftung Oper in Berlin“ beschlossen. Die parlamentarische Verabschiedung im Abgeordnetenhaus eingerechnet, ist – nach einem Jahr Reformarbeit – die letzte Hürde für die Zusammenlegung der drei Opernhäuser unter einem Stiftungsdach genommen. „Zum 1. Januar 2004 wird die Stiftung ‚Oper in Berlin‘ ihre Tätigkeit aufnehmen“, sagte Kultursenator Thomas Flierl (PDS) gestern nach der Kabinettsrunde. Gelacht hat niemand.
Kern des Gesetzes ist die Errichtung der Opernstiftung, in deren Trägerschaft die Staatsoper, die Deutsche Oper und die Komische Oper überführt werden. Dabei sollen die technischen und administrativen Abteilungen zusammengeführt, die künstlerische Eigenständigkeit der Häuser aber gewahrt bleiben, sagte Flierl. Als Stiftungsvorstand werde nun ein „Generaldirektor“ gesucht, der „die Geschäfte der Stiftung nach außen vertritt“, dem zugleich auch die wirtschaftlichen Bereiche der Häuser – nicht aber ein Verkaufsrecht – mit unterstehen.
Nach Vorstellungen des Kultursentors könnte dies durch ein „doppelstöckiges“ Modell aus übergeordneter Stiftung und mehreren GmbH-Töchtern der Bühnen funktionieren. Die Stiftung würde dabei die Aufgabe der Holding für die drei rechtlich selbstständigen künstlerischen Betriebe übernehmen. Genau müsse dies aber im Stiftungsvertrag geregelt werden. Ziel der Reform sei eine „staatsferne Organisationsstruktur“ und kein „Opernkombinat“, sagte Flierl.
Klar definiert das Gesetz, dass neben der Staatsoper, der Deutschen Oper sowie der Komischen Oper zwei weitere selbstständige Institutionen gegründet werden: nämlich eine selbständige Ballettkompagnie und die Bühnenservice GmbH.
Dem Ballett werde ebenfalls ein künstlerischer Leiter vorstehen. Wie schon bei den Bühnen soll dort auch ein kaufmännischer Geschäftsführer für die Wirtschaftlichkeit des Ensembles und bei der Technik sorgen, so Flierl.
220 Stellen werden im Zuge der Reform abgebaut. Die Stiftung startet mit einem Etat von 113,6 Millionen, der bis zum Jahr 2009 auf 96 Millionen gesenkt wird. Neben den Entlassungen werden aber auch neue Stellen geschaffen. Außer dem Generaldirektor werden Intendanten für das Ballett und die Deutsche Oper gesucht.
Die Opernreform, mit der die Opernlandschaft in der Stadt langfristig gesichert werden soll, hat in erster Linie der Kultursenator mit dem Bund auf den Weg gebracht, der 16,4 Millionen Euro Entlastung für den Kulturetat beisteuerte. Zugleich haben die SPD-Senatoren in der Landesregierung, Strieder und Sarrazin, nach anfänglicher Drohung, ein Haus zu schließen, sich ebenfalls für das Reformpaket ausgesprochen. Dass schließlich Anregungen der Opposition in das Konzept eingeflossen sind, wertete Flierl gestern als notwendiges „Zugeständnis an den Erfolg“ einer solchen Operation.
Nicht zufrieden dagegen zeigte sich Flierls Gegenspielerin, die grüne Kulturexpertin Alice Ströver. Die Allmacht des Generaldirektors schließe die „Fusionsidee“ nicht aus. Außerdem kranke das Gesetz daran, dass keinerlei Aussage über die aufgelaufenen Defizite gemacht werde. Damit sei der Stiftungstart belastet.