Reduzierung auf trocken, warm und sauber

FDP fordert mehr Geld für die fünfte Kita-Stunde, Finanzsenator Peiner lehnt ab. 12.000 Plätze ab Januar gefährdet

In der Kita-Politik kommt es im Regierungslager zum offenen Streit. FDP-Landeschef Reinhard Soltau fordert mehr Geld im kommenden Jahr, um die so genannte 5. Stunde einzuführen und auch „die letzten Kritiker verstummen zu lassen“. Dafür seien „vor allem die CDU-Senatoren“ aufgefordert, FDP-Bildungssenator Rudolf Lange bei der Aufbringung des Geldes zu unterstützen. Finanzsenator Wolfgang Peiner (CDU) lehnte postwendend ab. Bevor neues Geld bewilligt werde, wolle er wissen, was mit den vorhandenen Mitteln gemacht werde, verkündet Peiner und verwies auf die 19 Millionen Euro, die Lange in 2003 bereits zusätzlich erhalten hat.

Doch nach taz-Informationen wird auch in den Fraktionen von Union und Schill über einen Antrag für die 5. Stunde nachgedacht. Damit würden künftig alle 3- bis 6-jährigen Kinder einen Rechtsanspruch auf täglich fünf statt bisher vier Stunden Betreuung erhalten, was Eltern mit kurzen Arbeitswegen einen Halbtagsjob ermöglichte. Dies würde fünf bis sechs Millionen Euro kosten und wäre die billigste Lösung, um die sozialen Schäden des Gutscheinsystems minimal zu mildern. Denn im Januar laufen für rund 12.000 Kinder, deren Eltern nicht arbeiten, die Übergangsbewilligungen aus.

Welche Folgen dies hat, wurde am Donnerstag bei der Einweihung der Kita „Waldschlösschen“ des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Harburg deutlich. Zwar entsteht dort in einem Neubaugebiet eine noch unter dem alten, angebotsorienten Kita-System vom Bezirk geplante Tagesstätte mit 40 Plätzen. Doch fürchtet der Harburger DRK um die 190 Kinder in den benachbarten Häusern in Neuwiedenthal und Wilhelmsburg. „Zwei Drittel der Kinder sind ab Januar gefährdet“, berichtet Geschäftsführer Hartmut Krüger. „Wir müssen sie nach vier Stunden nach Hause schicken, wo sie sich selbst überlassen sind.“

Die Kinder lebten in Familienverhältnissen, in denen sie weder geregelte Mahlzeiten noch angemessene Kleidung bekommen: „Die kommen selbst im Dezember ohne Socken“, sagt Krüger. Eine 5. Stunde als Rechtsanspruch wäre das „Minimum“, sagt Krüger nicht ohne Sarkasmus: „Dann können wir ihnen immerhin eine warme Mahlzeit geben. Das wäre die Reduzierung auf warm, trocken, sauber.“

Der DRK-Geschäftsführer, der zugleich CDU-Bezirksabgeordneter in Harburg ist, hatte bereits im Frühjahr gemeinsam mit seiner Fraktionschefin Lydia Fischer einen offenen Brief an Bürgermeister Ole von Beust geschrieben, in dem er eine stärkere soziale Komponente des Kita-Gutscheinsystems forderte.

Der Appell blieb bis heute unerhört. KAIJA KUTTER