: Ein harter Traumberuf
Janek tat alles, um als Bauer überleben zu können. Doch auch Flexibilität hilft wenig, wenn die Zinsen zu hoch sind
Janek, 1959 im pommerschen Morin geboren, wollte immer Bauer werden. Er arbeitete erst einmal im Wald, wo er zuletzt eine Brigade von Holzfällern unter sich hatte. Nach dem Ende des Sozialismus wurde der Forst privatisiert und Janek arbeitslos.
1996 nahm er einen Bankkredit in Höhe von 40.000 Sloty auf (8.300 Euro). Mit dem Geld erwarb er 10 Hektar Land: 8 Hektar Acker und 2 Hektar Moor. Aus Letzterem soll einmal ein Fischteich mit einem Campingplatz werden. Erst nach einem Jahr – nach der ersten Ernte – sollte er mit der Rückzahlung des zu 5,7 Prozent verzinsten Kredits beginnen. Doch dann verlangte die Bank die erste Rate in Höhe von monatlich 6.500 Sloty plötzlich sofort. Zudem fiel dann seine erste Ernte schlecht aus. Er hatte Weizen, Gerste und Roggen angebaut. Letzteres als Futter für zehn Sauen, deren Ferkel er mästete.
Kurz darauf starben ihm 56 Schweine an einer Viruserkrankung. Der Tierarzt war ratlos, Janek konnte gerade noch 16 Tiere mit einer Essigtherapie retten. Um seine Landwirtschaft zu stabilisieren, musste er mehrmals neue Kredite aufnehmen, für den letzten in Höhe von 7.000 Sloty verlangte die Bank 16 Prozent Zinsen. Anfänglich verdingte er sich nebenbei noch als Waldarbeiter in einem privaten Forst, wo er sich auch mit Brenn- und Nutzholz für seinen Hof versorgte. Der Lohn war sehr gering.
Von seinem Cousin erfuhr er dann 2002, dass ein westdeutscher Milchbauer einen „kräftigen Mitarbeiter“ suchte. Janek wurde eingestellt. Er hatte dort 92 Kühe und über 100 Rinder zu versorgen. Zusammen mit einem weiteren Betriebshelfer wohnte er in einem Nebengebäude auf dem Hof. Sie bekamen täglich zwei Flaschen Bier und jeden zweiten Tag eine Packung Tabak. Essen konnten sie so viel, wie sie wollten. Ihr Arbeitstag begann um 5 Uhr morgens und endete um 18.30 Uhr – dafür bekamen sie 20 Euro pro Tag ausgezahlt. Seine Landwirtschaft führte derweil ein Nachbar weiter.
Nach einem halben Jahr wechselte Janek die Arbeitsstelle: Er fing am Rande von Berlin auf einem Pferdehof an, der einer Heilpraktikerin gehörte. Nebenbei versorgte er bald auch die Tiere auf einem Pferdehof nebenan. Nach fünf Monaten lernte Janek dort seine jetzige Freundin Jutta kennen – woraufhin die Heilpraktikerin ihn rausschmiss.
Im Sommer 2003 verdingte sich Janek zusammen mit Jutta für 45 Tage als Pflücker auf einer Erdbeerfarm in Schweden. Der schwedische Farmer beschäftigte über 200 Erntehelfer, sie fingen morgens um 4.30 Uhr an und arbeiteten bis Mittag. Bezahlt wurde man dort pro Kiste: für 15 Kilo Erdbeeren bekamen die Arbeiter 33 Kronen. Janek schaffte täglich 20 bis 25 Kisten, sein Rekord lag bei 40. Jutta und er verdienten dort insgesamt 3.600 Euro, wovon sie sich allerdings selbst verpflegen mussten. Ihre Unterkunft – in Wohnwagen – war kostenlos. Das gesamte schwer verdiente Geld diente dann zur Tilgung von Janeks Krediten. Da er danach aber wieder mittellos war, verkaufte er schweren Herzens fünf Hektar Ackerland – zu billig: für 25.000 Sloty. Davon wollte er sich zunächst ein kleines Sägewerk einrichten – zur Produktion von Euro-Paletten. Als ehemaliger Waldarbeiter hatte er diesbezügliche Erfahrungen. Gleichzeitig liebäugelte er aber auch noch mit der Idee, sich eine Straußenfarm aufzubauen.
Dann kam ein Nachbar mit dem Angebot, ihm den Torf aus seinem Moor abzukaufen. Auf diese Weise käme Janek auch seinem Traum, einen Fischteich aus dem bisher ungenutzten Stück Land zu machen, näher. Mit dem Torfabbau soll im kommenden Sommer begonnen werden. Bis dahin hat Janek sein Geld vorsichtshalber bei der Deutschen Bank deponiert. Im Winter erholte er sich einige Monate lang bei Jutta in Berlin von seinen ganzen landwirtschaftlichen Abenteuern, Niederlagen und Plänen. Mit beginnendem Frühjahr wurde er aber immer nervöser.
Im April fand er im brandenburgischen Großkreutz einen Job als Traktorist auf einem 300-Hektar-Hof. Es ließ sich alles gut an, aber bald verlangte sein Chef immer mehr von ihm. Nach einem Monat hielt Janek es nicht mehr aus und kündigte. Er bekam nur ein Drittel des vereinbarten Gehalts ausbezahlt: 200 Euro. LILLI BRAND