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Archiv-Artikel

Jung und Alt in Nachbarschaft

Am Stadtrand, im ruhigen Johannisthal, wollen rund zwei Dutzend Familien ihren Traum vom Zusammenleben verwirklichen. Der Ansatz des generationenübergreifenden Wohnens ist dabei ein zentraler Aspekt des Baugruppen-Projekts

VON TILMAN VON ROHDEN

Johannisthal ist ein beschauliches Stück Berlin, weit ab von Trubel und Szene in der Innenstadt. Dorthin, neben dem 66 Hektar großen Landschaftspark, der zum Teil Naturschutzgebiet ist, zieht es derzeit rund ein Dutzend Familien, die dort ihren Traum vom selbst bestimmten Wohnen verwirklichen wollen. Und da die Initiatoren Leben und Wohnen in ihrem Projekt als Einheit betrachten, haben sie ihrem Vorhaben gleich einen ambitionierten Namen gegeben: „Lebens(t)raum Johannisthal“.

Auf dem 3.700 Quadratmeter großen Gelände entstehen noch in diesem Jahr für elf Parteien zwei Vierer-Blöcke und ein Doppelhaus. Alle zehn Häuser haben zwei Geschosse, ein Satteldach und eine Wohnfläche zwischen 105 und 145 Quadratmetern. Ein zweiter Bauabschnitt, für den die Lebensträumer noch Interessierte suchen, ist in Planung. „Dort werden Jung und Alt zusammenleben, das generationenübergreifende Wohnen ist für uns ein zentraler Aspekt“, sagt Harald Zenke, eines der Gründungsmitglieder des Projektes. Er ist zugleich der Architekt aller Häuser. „Wir wollen nicht nur zusammen wohnen, sondern auch zusammen leben. Deshalb wird es auch ein Gemeinschaftshaus geben.“ Aktive Nachbarschaft mit Gemeinschaftszonen und das Zurückziehen in persönliche Bereiche stehen so gleichberechtigt nebeneinander.

„Alle Häuser, die zum Teil Geschosswohnungen enthalten, können individuell abgestimmt werden“, sagt Zenke. Doch dieses Versprechen ist zugleich Herausforderung, denn die Baugruppe versteht sich nicht als Bauträger, der schlüsselfertige Häuser abliefert. „Wer hier mitmacht, will und muss sich aktiv an der Entstehung der Außenanlage und der Häuser beteiligen“, betont Harald Zenke, „ denn das Engagement ist schon während der Planung integraler Bestandteil unseres Konzepts.“

Die Häuser, so will es die Baugruppe, entstehen unter Berücksichtigung des Umweltschutzes. Zenke hat die Häuser in Holzrahmenbauweise konzipiert. Die in einer Zimmerei vorgefertigten Bauelemente, die aus doppelwandigen Grobspanplatten mit einer dazwischenliegenden Isolierschicht aus umweltfreundlicher Zellulose bestehen, werden auf dem Bauplatz nur noch montiert. Selbst die Aussparungen für Türen und Fenster sind schon berücksichtigt, sodass der Rohbau schon nach anderthalb Wochen fertig sein soll.

Diese Holzrahmenbauweise, eine ursprünglich europäische Entwicklung, die in Nordamerika optimiert wurde, bietet vielfältige Vorzüge. Neben kurzen Bauzeiten nennt Architekt Zenke den Einsatz nachwachsender Rohstoffe, eine gute Wärmedämmung mit entsprechend niedrigen Energiekosten und eine sehr freie Wahl der Materialien für die Fassadengestaltung.

Für das Projekt sei wichtig, dass durch diese Bauweise die Baugruppe viele Dinge selbst machen könne. Dies senke die Kosten um bis zu zehn Prozent. Die inneren Trennwände werden, so Zenke, teilweise aus Lehmsteinen gemauert. Des Weiteren setzt der Architekt auf Wände aus gepresstem Stroh. Diese Materialien gehören kaum zum Repertoire konventioneller Bauweisen, haben sich in der Vergangenheit aber bautechnisch gut bewährt. Zudem können bei dieser Art von Innenausbau viele Eigenleistungen erbracht werden.

Auch bei der technischen Ausstattung der Häuser setzt Zenke auf die Berücksichtigung ökologischer Kriterien. Die Heizung für sämtliche Gebäude wird in einem Haus untergebracht. Zum Einsatz kommt eine Holz-Pellet- Heizung. Holzpellets haben die Form von Erdnüssen, bestehen aus Hobel- oder Sägespänen und werden ohne Bindemittel hergestellt. Der Heizung werden sie automatisch zugeführt. Die Rückstände müssen nur ab und zu entsorgt werden und taugen im Übrigen als Dünger. „Dieses Heizsystem ist sehr umweltfreundlich, da das Verbrennen von Holz in der Kohlendioxidbilanz neutral ist“, kommentiert Zenke. Zur Unterstützung der Heizung kommt eine thermische Solaranlage zum Einsatz. Die Kollektoren auf einem der Dächer haben eine Fläche von 100 Quadratmetern und sollen im Sommer und in den Übergangszeiten die Holzpellets überflüssig machen. „Langfristig ist diese Lösung kostengünstiger als Öl oder Gas“, sagt Zenke. Auch für den Wasserverbrauch hat er sich etwas einfallen lassen. Das Grauwasser aus Dusche, Badewanne und Handwaschbecken wird geklärt und kann dann für die WC-Spülung, die Waschmaschine oder für den Garten genutzt werden.

Die besagten 3.700 Quadratmeter Gelände bilden nur den ersten Bauabschnitt. Der zweite Abschnitt, der ebenso groß ist, soll in Angriff genommen werden, sobald genügend Interessenten vorhanden sind. Wenn der Bauantrag noch in diesem Jahr gestellt werden kann, können auch diese Bauherren noch die Eigenheimzulage bei der Finanzierung einsetzen. So oder so belaufen sich die Kosten auf rund 1.800 Euro inklusive aller Nebenkosten pro Quadratmeter Wohnfläche.

Der zweite Bauabschnitt liegt den Johannisthalern ebenso am Herzen wie der erste, schon allein deshalb, weil auf dem noch brachliegenden Gelände das Gemeinschaftshaus errichtet werden soll. Es umfasst einen großen Gemeinschaftsraum, eine Werkstatt, Spielräume, Küche und WC. Und wenn es mit dem zweiten Bauabschnitt und den insgesamt 25 Wohneinheiten auf dem Johannisthaler Gelände nicht klappen sollte, obwohl die Reservierung des Grundstücks beim Berliner Senat schon längst in trockenen Tüchern ist? „Auch der erste Bauabschnitt bietet genügend Platz für ein Gemeinschaftshaus“, schmunzelt Zenke.

Für den zweiten Bauabschnitt werden noch Interessenten gesuchtwww.lebenstraum-johannisthal.de