: Evaluation wird helfen
Nicht alle Lehrer schieben Frust: Sylvia Griem unterrichtet auch nach 22 Jahren gern. Sie beklagt das mäßige Interesse mancher Pädagogen an Weiterbildung
BERLIN taz ■ Warum sie Lehrerin geworden ist? Sylvia Griem überlegt nicht lange: „Weil mir die Arbeit mit Kinder Spaß macht.“ So einfach – und selten. Sylvia Griem hatte es seinerzeit einfach: in der DDR sorgte der Staat für seine Kinder, ob sie wollten oder nicht. Als die 21-Jährige auf ihren ersten Posten an die Polytechnische Oberschule ins brandenburgische Schmölln geschickt wurde, war der Kindergartenplatz für ihre Tochter schon vorgebucht. In Schmölln lehrt Griem noch immer, und 22 Jahre nach Dienstantritt behauptet sie unverdrossen: „Es macht mir Spaß.“
In über zwei Jahrzehnten hat sich die Welt in und um Schmölln rasant verändert, allein Sylvia Griem war schneller. Als eine der Ersten führte sie Computer in der Schule ein und gewöhnte Schüler und Lehrer an Word und Excel: „Manche können nicht einmal einen Brief am Computer schreiben“, stellt sie bei Lehrerfortbildungen fest, die sie regelmäßig anbietet. Sie selbst trägt ihr Laptop immer unterm Arm und erstellt Tafelbilder nur noch per Power Point.
Jahrgangsübergreifendes Lernen, der letzte pädagogische Schrei, wird an der Schmöllner Grundschule seit sechs Jahren praktiziert. Auch die Grenzen zwischen den Fächer verwischen: Griem setzt sich schon mal in den Unterricht des Kollegen, der Erdkunde unterrichtet, weil sie da gleich noch etwas von ihren Fächern – Physik und Mathe – anbringen kann. „Bei mir stehen die Türen immer offen“, erklärt sie. Von wegen Black-Box Klassenzimmer.
Aber als Evaluationsberaterin der Brandenburger Schulen kennt sie das mäßige Interesse der Kollegen, sich in die Karten gucken zu lassen. Aber was soll’s: „Evaluation ist jetzt gesetzlich vorgeschrieben.“ Mitgeschrieben daran hat Sylvia Griem, Mitglied der Lehrplankommission.
„Schülerzentriertes Lernen“ steht auf einem der Schaubilder. „Da werden viele Erfahrungen, die wir in den Grundschulen gemacht haben, in die Gesamtschulen getragen.“ Projekt- und Teamarbeit ersetzen in Schmölln zunehmend den Unterricht à la Lehrer sagt, Schüler schweigt.
Die neuen Pläne sind ebenfalls Thema ihrer Fortbildungen. Die Begeisterung für Innovationen sei gebremst: „Wenn etwas läuft, dann läuft’s. Aber man muss die Lehrer ja dahin führen, etwas verändern zu wollen.“
ANNA LEHMANN
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen