: Entscheidung mit Bauchschmerzen
Das schleswig-holsteinische Parlament in Kiel beschloss gestern das Rettungspaket für die HSH Nordbank. Glücklich darüber ist jedoch keiner. Man habe den Entschluss schweren Herzens getroffen, sagte CDU-Fraktionschef Wadephul
Die Tribüne über dem Plenarsaal des Kieler Landeshauses war voll besetzt, als das Parlament gestern über das Schicksal der HSH-Nordbank beriet.
Dirk Jens Nonnenmacher, Chef der Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein, saß ganz oben, blass und unbewegt, während unter ihm die Politiker darum rangen, ob sie seine Bank mit einer Kapitalspritze von 1,5 und einer Garantie über fünf Milliarden Euro stützen sollten – der Hamburger Senat hatte ein entsprechendes Paket bereits verabschiedet.
Kiel zog nach: Mit den Stimmen der Regierungsfraktionen CDU und SPD beschloss der Landtag das Rettungspaket. Jubel brach nicht aus, stattdessen berichteten mehrere Abgeordnete von ihren Leiden durch die Nordbank: „Schweren Herzens“ treffe die CDU-Fraktion die Entscheidung, so Fraktionschef Johann Wadephul. Ministerpräsident Peter Harry Carstensen beklagte „Bauchschmerzen und schlaflose Nächte“. Aber: „Wenn wir aussteigen, sind die Folgen unabsehbar.“ Vizeregierungschefin Ute Erdsiek-Rave (SPD) sagte: „Das ist kein glücklicher Tag, aber es gab keine andere Wahl.“
War das Land alternativlos? Nein, fand unter anderem SPD-Fraktionsvorsitzende Ralf Stegner. Zwar gebe es aktuell keine Chance mehr, aber im Herbst hätte es die „politische Möglichkeit“ gegeben, den Bund einzubinden. Nun müsse dieser „ohne Wenn und Aber“ in die Absicherung eingebunden werden. Auch Lars Harms (SSW) kritisierte Finanzminister Rainer Wiegard (CDU). Harms verlangte Regelungen, die die Bank binden.
Die schwärzesten Bilder malte Wolfgang Kubicki (FDP): Die Zweifel am Geschäftsmodell seien größer geworden, konkrete Zeitpläne fehlten, es drohten europarechtliche Bedenken. Für den geplanten Untersuchungsausschuss drohte Kubicki Wiegard: „Wir werden nichts unversucht lassen, Sie persönlich in Regress zu nehmen.“ Karl Martin Hentschel (Grüne) rief: „Herr Wiegard, es reicht mit den Märchenstunden!“ Er schlug eine weitere Fristverlängerung vor – dem steht aber die Drohung der Bankenaufsicht BaFin entgegen, die HSH aus Kapitalmangel zu schließen.
Eine Genugtuung mag die Sitzung für Werner Marnette gewesen sein: Die gesamte Opposition weinte dem Ex-Wirtschaftsminister nach, der am vergangenen Sonntag zurückgetreten war. „Der einzige Minister mit Sachverstand und Rückgrat“, lobte Harms, Kubicki verbeugte sich verbal, und Hentschel ätzte Richtung Wiegard: „Leider ist der falsche Minister zurückgetreten.“
Wiegard stellte klar, dass es kein Ende der Bank geben dürfe. Zur Kritik, die Regierung hätte andere Lösungen außer Acht gelassen, sagte er: „Wir hatten theoretisch, aber nicht faktisch zwei Möglichkeiten.“ Denn erst mit der jetzigen Entscheidung werde die von der SoFFin geforderte „Kernbank“ ermöglicht, damit sei die Option für deren Beteiligung und für den Einstieg „anderer Partner“ eröffnet.
Kubicki, sagte Wiegard, mache widersprüchliche Vorschläge, echte Alternativen nenne er nicht: „In der Opposition können Sie das so spielen, nur regieren könne Sie damit nicht, „aber Sie haben ja noch ein bisschen Zeit“, sagte er. Denn CDU und FDP haben sich schließlich zu Wunschkoalitionspartnern erklärt. EST