: Schlechte Zeugen
Urteil gegen Neonazi wegen Uniformtragen auf Kölner Demo bestätigt. „Kameraden“ als Zeugen nicht hilfreich
Köln taz ■ Die Ereignisse rund um das antirassistische Grenzcamp vom Sommer 2003 beschäftigen weiter die Kölner Gerichte. Diesmal saß ein bekennender Neonazi auf der Anklagebank. In erster Instanz hatte das Kölner Amtsgericht Hartmut W. aus Würzburg im März 2004 wegen des unerlaubten Tragens einer Uniform während einer Demonstration zu 60 Tagessätzen à 5 Euro verurteilt. Gegen die Geldstrafe legte er vor dem Kölner Landgericht Berufung ein. Diese verwarf die 3. Kleine Strafkammer letzten Freitag jedoch und bestätigte damit das Urteil des Amtsrichters.
Rund 100 Neonazis hatten im August 2003 unter dem Motto „Deutschland den Deutschen – Schluss mit der antideutschen Hetze und Gewalt“ gegen die Teilnehmer des Grenzcamps auf den Poller Wiesen demonstriert. Zuvor überprüfte die Polizei die Rechtsextremen am Porzer Bahnhof darauf, dass sie die Demonstrationsauflagen einhalten. Der Beklagte Hartmut W. und drei andere Personen trugen allerdings alle beigefarbene Hemden, schwarze Hosen und schwarze Schuhe. „Alle vier sind geschlossen angereist und aufgetreten“, sagte die Einsatzleiterin vor Gericht aus. Sie habe dies als Verstoß gegen das Uniformverbot gewertet und die vier Neonazis aufgefordert, die Kleidung abzulegen. Außer dem Beklagten W. hatten alle Wechselkleidung dabei und folgten der Anweisung.
Der Angeklagte räumte ein, die drei anderen Neonazis zu kennen. Sie seien jedoch nicht zusammen aufgetreten und es habe keine Absprache untereinander wegen der Kleidung gegeben. Der bekannte Neonazi-Führer Axel R. aus Bergheim, der wegen des gleichen Deliktes bereits rechtskräftig verurteilt wurde, wollte vermutlich als Zeuge dem „Kameraden“ W. helfen. Umso überraschender war daher seine Aussage: „Es kann sein, dass wir gemeinsam am Porzer Bahnhof herausgekommen sind.“ Erst auf Nachfrage des Beklagten W. schloss R. dies „definitiv“ aus. Auch die anderen zwei Zeugen konnten mit ihren Aussagen nichts zur Entlastung des Beklagten beitragen.
Dementsprechend sprach der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung von „vagen Aussagen“ und zweifelte die Glaubwürdigkeit der Zeugen des Beklagten an. Nach Ansicht der Kammer habe es sich um „gleichartige Kleidung zum Ausdruck einer politischen Gesinnung“ gehandelt. Eine zufällige Gleichheit schloss der Richter aus. Die Beteiligten selbst hätten ihre Kleidung als Uniform angesehen. Dies zeige schon die Tatsache, dass sie Wechselkleidung mit sich geführt hätten. Der mehrfach vorbestrafte Beklagte kündigte Revision gegen das Urteil an. Thomas Spolert