: Kölner Firmen drängt‘s in die Welt
Laut IHK-Umfrage liebäugelt jede dritte Kölner Firma mit dem Ausland. Kölns DGB-Chef sieht in der Ankündigung von Produktionsverlagerung einen „Erpressungsversuch“
KÖLN taz ■ Immer mehr Firmen aus der Region Köln wollen ihre Investitionen im Ausland steigern, während sie sich mit ihren Inlandsaktivitäten zurückhalten. Dies ist das Ergebnis einer von der Industrie- und Handelskammer (IHK) Köln gestern vorgelegten Untersuchung. Problematisch ist aus Sicht der IHK Köln die Dynamik, mit der die Unternehmen Teile ihrer Produktion ins Ausland verlagern wollen. Während in 2003 erst jedes vierte Unternehmen im Ausland investieren wollte, ist es im laufenden Jahr nach Angaben der IHK bereits jedes dritte. Motor der Auslandsbewegung sei die Industrie. „Diese rasante Dynamik macht uns Sorgen“, bewertete IHK-Hauptgeschäftsführer Herbert Ferger das Ergebnis der Umfrage bei 900 Kölner Unternehmen.
Das wirtschaftliche Wachstum finde nicht mehr im Inland, sondern im Ausland statt. „Dies ist ein entscheidender Grund für die anhaltende und bedrückende Schwäche des deutschen Arbeitsmarktes“, analysierte Ferger die IHK-Zahlen.
Er schränkte jedoch gleichzeitig ein, dass die zunehmende Produktionsverlagerung ins Ausland nicht notwendigerweise Jobverluste im Inland bedeuten müssten. „Es kann auch zu weiteren Expansionen bei der Muttergesellschaft sowohl in der Produktion als auch im Management kommen“, gewann Ferger der Umfrage auch positive Aspekte ab. Mehr als 47 Prozent der befragten Unternehmen wollen sich durch ihre Auslandsaktivitäten Absatzmärkte für ihre Produkte sichern. Weniger als ein Drittel der Firmen gab als Motiv für ihren Gang ins Ausland an, die Kosten senken zu wollen.
Wie viele Arbeitsplätze in der Region um Köln durch die Auslandsaktivitäten der hiesigen Firmen verloren gehen könnten, konnte Ferger nicht beantworten. Diese Daten seien nicht in der Umfrage erhoben worden. „Wir wissen es nicht“, erklärte der IHK-Hauptgeschäftsführer.
Der Regionalvorsitzende des Deutschen Gewerkschaftsbundes Wolfgang Uellenberg-van Dawen sieht die Auslandsaktivitäten der Firmen aus der Region als nicht problematisch an. „Die Arbeitsplatzbilanz muss aber stimmen“, erklärte er der taz.
Mit der derzeitigen ideologischen Diskussion um die Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland würde allerdings versucht, die Arbeitnehmer zu erpressen. „Die Forderung nach weniger Lohn und mehr Arbeit ist nicht gerechtfertigt“, sagte der DGB-Regionalvorsitzende. Dies beweise das Beispiel Ostdeutschland. Dort seien die Tariflöhne nach wie vor niedriger als im Westen. Trotz der niedrigeren Kosten gäbe es dort kaum Investitionen ausländischer Firmen. Vielmehr müssten nach Ansicht Uellenbergs die Löhne erhöht werden, um die Binnenkaufkraft zu stärken. „Damit können ausländische Investoren angelockt werden“, so der Kölner Gewerkschaftsboss. Thomas Spolert