: Nazis marschieren auf geheimer Route
Für Samstag ist im Duisburger Stadtteil Neudorf ein bundesweiter Neonazi-Aufmarsch angekündigt. Die genaue Route wird von der Polizei geheim gehalten. Die Anwohner machen sich zum Protest ihre eigenen Gedanken
DUISBURG taz ■ Duisburg wird am Samstag zum Aufmarschfeld der Rechten. Ein Bündnis aus so genannten freien Kameradschaften, nationalen Gruppen und der rechtsextremen NPD mobilisiert bundesweit zu einer Großdemo in der Duisburger Innenstadt. Bis zu 700 Neonazis werden zu der Veranstaltung erwartet – eine neue Größenordnung. Zu den letzten Nazi-Aufmärschen in Duisburg und Umgebung verirrten sich selten mehr als 30 bis 40 Teilnehmer. Ein breites Bündnis aus antifaschistischen Gruppen, Parteien und anderen gesellschaftlichen Bereichen stellt sich den Rechten auf verschiedensten Kundgebungen entgegen. Allerdings werden sie die Nazis kaum zu Gesicht bekommen.
Der Nazi-Aufmarsch soll zwar vom Duisburger Hauptbahnhof aus durch den Stadtteil Neudorf gehen, eine genaue Route will die Duisburger Polizei allerdings aus „taktischen Gründen“ nicht bekannt geben – sehr zum Unverständnis der Anwohner: „Die Polizei hält die Route unter Verschluss“, sagt Olaf Jellema, Pfarrer der evangelischen Kirchengemeinde Neudorf-West und Mitglied im Stadtteilbündnis „Neudorf tanzt“, viele Anwohner seien verunsichert.
„Wir wollen verhindern, dass Gegendemonstranten zur Route vordringen“, begründet Pressesprecher Reinhard Pape das Vorgehen der Polizei. Aus Gründen der „öffentlichen Sicherheit“ sei diese Vorgehensweise durchaus rechtens. Ortskundige Bürger wüssten allerdings, wo der Aufmarsch stattfinde: „Die Route verläuft ungefähr wie der Karnevalszug“, so Pape. Der Nazi-Zug soll dabei auch durch die Grabenstraße gehen, vorbei an drei Häusern, die in der Reichspogromnacht zerstört wurden. „Eine Provokation für viele Bürger“, sagt Jellema.
Der Zusammenschluss „Neudorfer BürgerInnnen“ will trotz aller polizeilichen Maßnahmen in etlichen kleinen Aktionen versuchen, den Aufmarsch zu behindern. Geplant sind dabei unter anderem mehrere Demonstrationen im Stadtteil, ein Nachbarschaftsfest sowie eine Informationsveranstaltung: „95 Gründe, warum Nazis hier nichts zu suchen haben“. Man wolle zeigen, dass Szenen, wie vor Jahren in Rostock-Lichtenhagen, wo Bürger den Nazis applaudiert haben, hier nicht möglich seien, so Jellema. Probleme könnte es geben, da vermutlich der gesamte Stadtteil von der Polizei abgeriegelt wird und nur Anwohner hinein gelassen werden. „Für Außenstehende oder Besucher wird der Zutritt schwierig“, sagt Jellema.
Leute, denen der Zutritt nach Neudorf verwehrt wird, können sich dennoch an Aktionen gegen den Aufmarsch beteiligen. Das Bündnis „Duisburg gegen Rechts“, an dem unter anderem Attac, PDS oder die Alternative Liste der Uni Duisburg/Essen beteiligt sind, ruft für Samstag zu einer Demo auf den Burgplatz, also abseits der Route, auf. Wer die Nazis weiter begleiten will: Samstag Abend ist eine Anschluss-Kundgebung in Recklinghausen geplant. Allerdings werden hierzu „nur“ 50 bis 60 Teilnehmer aus dem rechten Spektrum erwartet.
HOLGER PAULER