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Archiv-Artikel

kommentar Alle umarmen, nichts riskieren

Carsten Sieling ist clever: Obwohl seit Wochen als Albers-Nachfolger im Gespräch, erklärt er sich erst, nachdem Albers verzichtet hat. Sieling wahrt alle Form, obwohl es ein offenes Geheimnis ist, dass in der SPD eine junge Generation – die so ganz jung nicht mehr ist – auf ihre Chance wartet, mitunter mit geballter Faust in der Tasche. Sieling ehrt die Alten, floskelt von „Kontinuität und Wandel“ und für die potenziellen Scherf-Nachfolger hat er sämtlich ein gutes Wort: Fraktionschef Jens Böhrnsen sei „sehr konsensual und politisch“, Bildungssenator Willi Lemke „sehr populär und ambitioniert“, Sozialsenatorin Karin Röpke „entscheidungsfreudig und durchaus sympathisch“. Dieser Mann hält sich alle Türen offen. Er legt sich nicht fest. Das könnte klug sein. Der entscheidende Parteitag ist erst im März – Zeit genug, um jemanden zu demontieren. Den wirklich harten Job hat ohnehin nicht Sieling, der wohl ohne Gegenkandidat bleibt, sondern die Person, die den amtierenden und kampfbereiten UB-Vorsitzenden Grotheer herausfordert.

Die Integration verschiedener Strömungen ist Ur-Aufgabe eines Landesvorsitzenden. Insofern empfiehlt sich Sieling für das Amt. Er umarmt alle und riskiert nichts. Aber mit dieser Strategie zeichnet er zugleich ein trauriges Bild seiner Partei. Der wird eine inhaltliche Auseinandersetzung mit der neuen Generation und ein klares Bekenntnis zu ihr gar nicht erst zugemutet. Ob er ein Profil hat, muss Carsten Sieling so gar nicht erst unter Beweis stellen. Susanne Gieffers