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Archiv-Artikel

Die Röhre ist da, die Elektroden bleiben

Neuer Kernspintomograph soll Affenversuche an der Uni „perspektivisch reduzieren“ – zumindest pro Experiment

Von sim

Bremen taz ■ Die Betonung liegt auf „perspektivisch“. Zumindest irgendwann und eventuell nämlich soll der neue, 7,5 Millionen Euro teure Kernspintomograph, den das Zentrum für Neurowissenschaften der Bremer Uni gestern vorstellte, tatsächlich einlösen, was die Bürgerschaft bereits 1997 gefordert hatte: Die umstrittenen Tierversuche mit Rhesusaffen zumindest zu reduzieren. Denn das normalerweise in Kliniken verwendete Gerät erlaubt Blicke ins Gehirn auch ohne geöffneten Schädel und eingesteckte Elektroden – am Menschen wie am Affen. Ein Magnetfeld, 76.000 Mal so stark wie das der Erde, und elektromagnetische Wellen, ähnlich der von Radiosendern und Mikrowellenherden, lassen auf dem angeschlossenen Computermonitor ein detailliertes Bild vom Gehirn des Probanden in der Röhre erscheinen: je aktiver die Hirnregion, desto besser die Durchblutung, desto heller der Bildpunkt. Neurowissenschaftler wollen so der Funktionsweise des Gehirns auf die Schliche kommen.

Für ähnliche Erkenntnisse hat der von Tierschützern als „Affenfolterer“ geschmähte Hirnforscher Andreas Kreiter bisher Elektroden ins Hirn von Rhesusaffen implantiert. Auch die sollen, an einen eigens dafür konstruierten „Primatenstuhl“ gefesselt, in Zukunft zunächst in die Röhre geschoben werden – zwecks eines Grobüberblicks über ihr Gehirn. Für die „präzisen Untersuchungen an einzelnen Nervenzellen“ sowie zur „Validierung“ der im Kernspintomographen gewonnenen Ergebnisse aber, sagt Kreiter, seien weiterhin Elektroden-Versuche notwendig. Das Gerät spare lediglich die „langen Suchphasen“ nach dem richtigen Einstichpunkt und reduziere so im günstigsten Fall die Zahl der benötigten Versuchstiere „pro wissenschaftlicher Erkenntnis“.

Je nachdem, wie sich das Zentrum für Neurowissenschaften entwickelt, könnte die Zahl der Experimente sogar steigen – und damit auch die der Versuchstiere. Neben Andreas Kreiter wollen auch die Kognitionswissenschaftler das neue Gerät nutzen – für harmlose Experimente an freiwilligen Probanden.

Kreiter, seit 1999 in Bremen, trat gestern dem Vorwurf entgegen, seine Experimente hätten bislang keine Erkenntnisse erbracht. Erste Veröffentlichungen werde es im Frühjahr geben. sim