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Archiv-Artikel

Hier kommt die Flut!

Für den TV-Zweiteiler „Die Sturmflut“ überschwemmt RTL gerade die Stadt Essen – der aktuelle Pegelstand von den Dreharbeiten

VON BORIS R. ROSENKRANZ

Nur Bernd Hauber weiß, wie es wirklich war. Der Hubschrauber-Pilot drehte einst als Rettungsflieger über Hamburg seine Runden, kurz nachdem die Stadt von einer Flutwelle überrollt worden war. Das war im Februar 1962. Jetzt fliegt Hauber wieder – dort, wo die Flut von neuem aufbraust: über dem Licht- und Luftbad Baldeney im Süden der Stadt Essen.

Hierhin hat RTL zur großen Promo-Visite eingeladen, ans Film-Set von „Die Sturmflut“. So nennt sich eine gigantische TV-Produktion, die in etwa dasselbe ist wie „Der Tunnel“ oder „Das Wunder von Lengede“ – nur mit sechs Millionen Liter Wasser. Also wird die Hundertschaft Journalisten, die nach Essen getingelt ist, am Set sofort in undurchlässige Kleidung gestopft: Gummistiefelhose, Jacke, Kapuze, fertig. „Das Wasser steht Ihnen gleich bis hier“, warnt die Frau im Garderoben-Zelt und hält ihre Hand waagerecht vor die Brust: „Bis hier!“ Wenig später, inmitten der Kulisse, steht das Wasser dann tatsächlich bis „hier“, links und rechts kaputte Häuser, zerborstene Fenster, ein Autowrack. So soll sie während der verheerenden Flut ausgesehen haben, die Essener Straße im Hamburger Stadtteil Wilhelmsburg. „Desch is alles ganz realistisch hier“, schwäbelt Hauber über das Szenario, das im Jahr 2006 von RTL zur Primetime aufgetischt wird – hübsch verpackt in zweimal 90 Minuten, inklusive Hochzeit und Liebe. Die Story sei zur Hälfte wahr und zur Hälfte erfunden, sagt Drehbuch-Autor Holger Karsten Schmidt, der nach eigenen Angaben viele Stunden mit Zeitzeugen gesprochen hat.

Und weil Katastrophen mit Kuschel-Bonus im Fernsehen gut ankommen, hat RTL diesmal weder Kosten noch Mühen gescheut. Rund acht Millionen Euro koste die Produktion, erzählt Sascha Schwingel von der zuständigen Produktionsfirma Teamworx, allein 1,5 Millionen gingen für Spezialeffekte drauf, zum Beispiel dafür, den im Hintergrund schimmernden Baldeney-See am Computer gegen Hamburg zu ersetzen. Schwingel und sein Chef Nico Hofmann scheuen diesen Aufwand nicht – sie wissen, wie viel Geld sich mit derartigen Produktionen machen lässt. Hofmann verantwortete unter anderem schon den Zweiteiler „Der Tunnel“, jenes so genannte TV-Event, in dem sich Heino Ferch einen Weg in den Westen buddelt. In Deutschland saßen damals neun Millionen Menschen vor der Glotze. Nachher wurde der Streifen in 48 Länder verkauft. Seitdem hat Hofmann Dollarzeichen in den Augen – und immer bessere Kontakte. Diesmal haben er und Regisseur Jorgo Papavassiliou („Hai-Alarm auf Mallorca“) so ziemlich jeden Schauspieler in die Fluten gezerrt, der in Deutschland einen Namen hat: Götz George, Hannelore Elsner, Heiner Lauterbach – wer nicht dabei ist, sollte sich Gedanken machen. Oder froh sein.

Am Set halten dann Nadja Uhl, Benno Fürmann und Jan Josef Liefers ihre Gesichter in die Kameras. Dazu werden sie nicht ins Wasser gesteckt, sondern in ein Ruderboot drapiert und in die Kulisse geschoben. Später dürfen Uhl, Fürmann und Liefers auch noch das sagen, was Schauspieler so sagen, wenn sie gerade einen Film drehen, der freilich das Größte ist, was sie je machen durften. Uhl, von der Produzent Schwingel zuvor wissen ließ, sie habe „zwei Nächte lang nur geschrien, weil sie um ihren Film-Sohn bangte“, formuliert das so: Dieser sei „ein riesiges Spiel in dieser Kulisse“, in der sie, hach, „so ’ne Freude“ habe. Und während Uhl sich tierisch freut, schwappt ihr die braune Suppe ins Gesicht.