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Archiv-Artikel

Wohlfeile Monologe über unbekannte Wesen

Kölner Politiker beklagen im Arkadas-Theater das Fehlen eines Dialogs zwischen den Kulturen. Tayfun Keltek, Vorsitzender des Integrationsrates, fordert dazu auf, Migranten nicht als Objekte, sondern als Subjekte zu betrachten

KÖLN taz ■ Köln rühmt sich selbst immer wieder gerne seiner toleranten und multikulturellen Haltung. Immerhin sind in dieser Stadt 180 Nationen zu Hause. Rund 20 Prozent der Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Doch wie ist es um den Dialog der Kulturen in Köln bestellt? Diese Frage stellte am Dienstag Abend der Chef des Kölner Arkadas-Theater, Necati Sahin, und lud Kölner Politiker zum Podiumsgespräch auf seine „Bühne der Nationen“.

Begriffe wie Leitkultur, Multikulti, Parallelgesellschaft und Mehrheitsgesellschaft prägten im vergangenen Jahr die politische Diskussion um die Integration von Migranten. Doch die Verwirrung über die Begriffe blieb groß und ein echter Dialog insbesondere mit den Migranten blieb bisher aus. Auch die Runde im Arkadas-Theater konnte hier nur bedingt Abhilfe schaffen.

Kölns SPD-Chef Jochen Ott distanzierte sich vom Begriff der „Multikultitrallala-Politik“, mit dem er letztes Jahr massive Kritik ausgelöst hatte. „Wenn ich damit jemanden verletzt haben sollte, dann tut es mir leid.“ Seine grundsätzlichen Positionen bekräftigte er aber: Integration sei eine soziale wie ordnungspolitische Frage. Rassismus gehöre bekämpft, aber die Ängste der Menschen vor Fremdem müssten ernst genommen werden. Statt Leitkultur sprach Ott von „Regelkultur“, die für das Zusammenleben nötig sei.

Der Ehrenfelder CDU-Politiker Jörg Uckermann verteidigte den Begriff der Leitkultur und ging erst gar nicht auf die Behauptung von CDU-Chefin Merkel ein, wonach die Idee von der Multikulti-Gesellschaft gescheitert sei. Er wiederholte nur bekannte Standpunkte der CDU. Ähnlich farblos blieb Marco Mendorf (FDP), der für die Liberalen im neu gewählten Integrationsrat sitzt. „Mit Ängsten darf man keine Politik machen“, sagte ausgerechnet Mendorf, dessen Partei mit dem Thema „Klau-Kids“ Wahlkampf gemacht hatte.

Etwas Würze brachte Ossi Helling, migrationspolitischer Sprecher der Grünen, in die Runde. „Die Begriffe Leitkultur und Mehrheitsgesellschaft sind Popanze“, so Helling. Mit diesen Begriffen wollten einige Parteien von tatsächlichen gesellschaftlichen Schwierigkeiten – wie den Sozialabbau bis weit in den Mittelstand – ablenken und am rechten Rand Wähler fischen. Der Grüne betonte die Leistung der Migranten in der Wirtschaft des Landes. Allein in NRW gäbe es 20.000 türkische Unternehmen mit 120.000 Beschäftigten. „Wir haben keine Chancengleichheit für Migranten“, so Helling.

In Richtung SPD-Chef sprach Helling von „inszenierten Ängsten der Menschen“. Die Ängste der Migranten hingegen seien bisher nicht wahrgenommen worden. „Wir haben eine erhebliche Bringschuld“, erklärte der Grünen-Politiker, ohne allerdings konkrete Maßnahmen vorzuschlagen. Michael Kellner (PDS) forderte eine „Dialogkultur“, um die Menschen zueinander zu bringen. Daher müssten Projekte wie das Arkadas-Theater weiter gefördert werden.

Für Tayfun Keltek, den Vorsitzenden des Kölner Integrationsrates, ist das entscheidende Problem, dass „Migranten oft nur als Objekte und nicht als Subjekte von der Politik wahrgenommen“ würden. Daher müsse der neue Integrationsrat unterstützt werden, um eben diesen Dialog zu fördern. Thomas Spolert