Die Maus macht’s

Douglas Engelbart, Erfinder der Computermaus, glaubt immer noch, dass uns Maschinen klüger machen

Douglas Engelbart, der Vater der Computermaus, ist am Sonntag achtzig Jahre alt geworden. Nur wenige Nutzer wissen jedoch, wem sie die Erfindung zu verdanken haben. Mitten im Koreakrieg hatte der amerikanische Ingenieur norwegischer Abstammung einen Aufsatz eines gewissen Vannevar Bush, Wissenschaftschef im Generalstab der Armee, gelesen und kam davon nicht mehr los. Bush hatte die Idee entwickelt, dass Menschen mit Hilfe technischer Geräte ihre geistigen Fähigkeiten erweitern und Probleme lösen könnten, die bisher nicht lösbar waren. Kein Mensch verstand so recht, was damit gemeint sein konnte. Erst als die Russen ihren Sputnik in das Weltall schossen, waren die US-Regierung und amerikanische Unis bereit, auch Engelbart Geld für seine Forschungen zu geben.

Sie verstanden zwar immer noch nicht, was er vorhatte, aber es war ihnen egal, weil sie mit allen Mitteln die Russen einholen wollten. 1968 führte Engelbart in einer seither legendären Demonstration vor, was er sich inzwischen ausgedacht hatte. Sie dauerte neunzig Minuten. Die geladenen Wissenschaftler sahen zum ersten Mal den Bildschirm eines modernen, auch von Laien bedienbaren Computers. Man konnte mit einem kleinen Kästchen neben der Tastatur einen Zeiger über das Bild bewegen, Menüs anklicken und Texte bearbeiten.

Engelbart war seiner Zeit unendlich weit voraus. Als die Maus mit dem Mac von Apple populär wurde, war sein Patent bereits abgelaufen. Trotzdem hat Apple Geld an den Erfinder bezahlt – und die Firma „Logitech“, der heutige Markführer für Mäuse, hat ihm ein Büro eingerichtet. Von dort aus betreut er das Projekt „bootstrap“ (www.bootstrap. org), das immer noch neue Konzepte für eine immer engere Verknüpfung des menschlichen Wissens erarbeitet, das uns an jedem Computer zur Verfügung stehen sollte.

An Geld dafür fehlt es der Computerbranche schon längst nicht mehr. Es gibt jetzt eher zu viel davon, so viel jedenfalls, dass Erfindungen, die den Computer für Laien verbessern, vom Aussterben bedroht sind.

Die Electronic Frontier Foundation, auch eine alte Organisation amerikanischer Pioniere, hat deswegen eine Website für gefährdete Techniken („Gizmos“) eingerichtet (www.eff.org/endangered). Danach sind mindestens vier Anwendungen der Engelbart’schen Prinzipien bereits ausgerottet: die Tauschbörse Napster, Softwarepakete zur Kopie von DVDs, Musikdaten und der „eBooks“, die nach dem System von Adobe codiert sind. Alle waren sie mit der Maus bedienbar, aber auch der Videorecorder, der die Werbeblöcke automatisch überspringt, hätte dem großen Erfinder sicher gut gefallen. Es gibt ihn nicht mehr, die Medienindustrie hat den Hersteller gezwungen, dieses besonders nützliche Menü zu entfernen.

Douglas Engelbart ist trotzdem noch immer davon überzeugt, dass wir mit Hilfe von Maschinen eine Art kollektiver Intelligenz entwickeln könnten. Mag sein, dass er Recht hat. Er ist eben seiner Zeit auch heute noch meilenweit voraus. Die IT-Branche hat ihn immer noch nicht richtig verstanden.NIKLAUS HABLÜTZEL