Studenten protestieren tatsächlich

Die drohenden Studiengebühren locken rund 20.000 Studierende auf die Straßen. Demonstrationen in fünf Städten sollen der Auftakt einer langfristigen Kampagne gegen das Bezahlstudium sein. Organisatoren hoffen auf „reflektierten Protest“

VON PHILIPP DUDEK

Tausende Studenten haben gestern in Berlin, Hamburg, Mannheim, Leipzig und Essen gegen die geplante Einführung von Studiengebühren demonstriert. Die Organisatoren sprachen von 25.000 TeilnehmerInnen. Allein in Leipzig gingen nach Polizeiangaben rund 8.000 StudentInnen auf die Straße.

Mit La-Ola-Wellen, Trillerpfeifen, Sprechchören und einem weißen Pony zogen hier die TeilnehmerInnen unter dem Motto „Für eine freie Bildung – Bildung ist keine Ware“ zur Abschlusskundgebung vor das Bundesverwaltungsgericht. Als Rednerin trat die bildungspolitische Sprecherin der sächsischen PDS, Heike Werner, auf. „Wir sind sehr zufrieden“, sagte Stura-Sprecher Henning Schulze. „Wenn man bedenkt, dass die Leute jetzt gegen Ende des Semesters auch noch im Prüfungsstress sind, ist die Zahl umso erfreulicher.“

Die Organisatoren der Proteste in Berlin rechneten gestern zunächst nur mit rund 1.500 Demo-TeilnehmerInnen. Allerdings war Berlin von vornherein nicht für Großproteste eingeplant, denn hier drohen den Studenten voraussichtlich noch nicht sofort Gebühren. In der Hauptstadt gilt noch bis Ende 2006 das im Koalitionsvertrag der rot-roten Landesregierung und im Hochschulgesetz verankerte Gebührenverbot. Beim Asta der Freien Universität zeigte man sich sehr zufrieden, dass sich innerhalb einer Woche überhaupt so viele Kommilitonen mobilisieren ließen. „Wir setzen auf einen reflektierten Protest“, sagte Mitorganisator David Hachfeld von der FU. Diese Demo solle ohnehin nur der Anfang einer langfristigen Kampagne sein: „Denn wenn in irgendeinem Bundesland Gebühren eingeführt werden, sind wir trotzdem indirekt betroffen.“

In Hamburg kamen rund 7.000 DemonstrantInnen zusammen. Etwa 800 davon waren aus Hannover, Göttingen und Braunschweig für die Demonstration angereist. Auch in Essen protestierten gestern trotz Karneval deutlich mehr StudentInnen als erwartet. An dem Demonstrationszug unter dem Motto „Bildung und Demokratie sind Grundrechte“ beteiligten sich laut Asta-Sprecher Thomas Falk fast 2.000 Teilnehmer. Angemeldet waren gerade einmal 500. Die Studenten aus dem Raum Köln ließen sich allerdings nicht vom traditionellen Karnevalstrinken abhalten: „Aus Köln ist heute niemand hier, aus Düsseldorf kamen gerade mal 50 Leute“, sagte Falk gestern am Rande der Demo. Die meisten StudentInnen kämen aus Bochum und Dortmund.

In Mannheim – zentraler Veranstaltungsort für Süddeutschland – brachen Polizeiangaben zufolge rund 3.000 Studierende zu einem Protestmarsch auf. Noch am Mittwoch hatten sich StudentInnenvertreter zurückhaltend geäußert. Die Mannheimer Asta-Sprecherin Natascha Massing rechnete gerade einmal mit rund 1.000 Teilnehmern.

Für das kommende Sommersemester sind weitere bundesweite Protestaktionen geplant. Bei einem Vernetzungstreffen der Studentenvertretungen Mitte Februar in Essen sollen die nächsten Schritte diskutiert werden. Schon am 1. Mai wollen die jungen Intellektuellen gemeinsam mit Gewerkschaften und Arbeiterschaft protestieren.

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