Kirchen klagen gegen Konsum

LADENÖFFNUNG Die christlichen Kirchen klagen in Karlsruhe, damit die Berliner den Sonntag wieder zur „seelischen Erbauung“ statt zum Einkauf nutzen. Der Regierende Bürgermeister gibt sich siegessicher

Das Bundesverfassungsgericht verhandelt an diesem Dienstag die Klage der christlichen Kirchen gegen das Land Berlin. Die Kirchen fordern, dass die Geschäfte am Sonntag nicht mehr so häufig öffnen dürfen. Denn hierzulande gelten weitaus kulantere Regeln als in anderen Bundesländern: Der rot-rote Senat hatte zum November 2006 die Ladenöffnungszeiten liberalisiert. Seither dürfen die Geschäfte montags bis samstags rund um die Uhr öffnen. Auch zehn Sonntage pro Jahr sind von 13 bis 20 Uhr für den Konsum freigegeben – darunter die vier Adventssonntage. Zum Vergleich: In Baden-Württemberg dürfen Geschäftsleute nur an drei Sonntagen im Jahr ihre Türen für Einkäufer öffnen. Eine Entscheidung des Gerichts wird nach der Sommerpause erwartet.

Die Kirchen fühlen sich durch die Öffnung von Geschäften am Sonntag in ihrem Recht auf ungestörte Religionsausübung verletzt, das durch Artikel 4 geschützt ist. Außerdem verweisen sie auf Artikel 120, in dem es heißt: „Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erbauung gesetzlich geschützt.“ Auch werde durch die erweiterte Ladenöffnungszeit an Sonntagen besonders den Gläubigen, die im Einzelhandel arbeiten, der Gang in die Kirche erschwert.

Bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe wird Wolfgang Huber, Ratsvorsitzender der Evangelischen Kirche in Deutschland, eine Stellungnahme abgeben. Er sieht auch die gemeinsame Zeit für die Familie in Gefahr. Für die Katholiken reist der Berliner Erzbischof Kardinal Georg Sterzinsky an. Auch die stellvertretende Präsidentin des Berliner Abgeordnetenhauses, Karin Seidel-Kalmutzki (SPD), wird erwartet.

Der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) zeigte sich vor der Verhandlung siegessicher. „Unser Gesetz ist sorgfältig ausgearbeitet worden, und deshalb bin ich zuversichtlich, dass es Bestand haben wird“, sagte er. Das Gesetz sei „eine vernünftige Lösung, die im Interesse der Konsumentinnen und Konsumenten liegt und die mit der Beschränkung auf zehn verkaufsoffene Sonntage die Interessen der Beschäftigten wahrt“. Er könne nicht erkennen, dass der Sonntag durch die Regelung in seinem Charakter als christlicher Feiertag beeinträchtigt werde. Neben SPD und Linkspartei hatten FDP und die Christdemokraten die Sonntagsöffnung unterstützt. SEBASTIAN HEISER

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