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Archiv-Artikel

BEIM WAHLKAMPFAUFTAKT IN NRW ZEIGT DIE SPD, WIE AUSGEBRANNT SIE IST Eine Partei gibt sich auf

Sechs Wochen vor dem Urnengang in Nordrhein-Westfalen hätten die Veranstaltungen, mit denen sich beiden großen Parteien auf die heiße Wahlkampfphase einstimmen wollten, nicht unterschiedlicher sein können: In Oberhausen geradezu euphorische Christdemokraten, in Dortmund entmutigte Sozialdemokraten. Auch das passte: Die CDU bot eine perfekt inszenierte Show im US-amerikanischen Stil, die SPD eine Veranstaltung, die aus der Mottenkiste verstaubter Wahlkämpfe von vor dreißig Jahren hätte stammen können. Die einst so stolze Partei, die 39 Jahre das bevölkerungsreichste Land der Republik regiert hat, wirkt ausgebrannt und einfallslos.

Tatsächlich spricht zurzeit alles dafür, dass am 22. Mai auch die letzte rot-grüne Koalition auf Länderebene sang- und klanglos beerdigt werden wird. Die unmotivierten Auftritte von Franz Müntefering und Gerhard Schröder am Samstag hinterlassen den Eindruck, dass nicht einmal mehr die SPD-Spitze an ein Wunder an Rhein und Ruhr glaubt. Beide spulten in Dortmund Standardreden ab, wie sie sie auch in Poppenbüttel oder Neuendettelsau hätten halten können. Und Peer Steinbrück, der sozialdemokratische Noch-Ministerpräsident? Nicht nur, dass der Hanse-Import nicht die Herzen der NRW-Genossen erreicht – er kann auch nicht vermitteln, was der gravierende qualitative Unterschied zwischen ihm und seinem Herausforderer sein soll. Nur wortreich zu verkünden, die anstehende Landtagswahl sei eine „Richtungswahl“, ohne dies pointiert landespolitisch zu begründen, reicht nicht.

„Klarer Kurs“ lautet Steinbrücks Wahlkampfmotto. Aber worin besteht der? Darin, dass er in der Koalitionsfrage hin- und herlaviert? Ohnehin hat er nur gemeinsam mit den Grünen eine Chance, Regierungschef zu bleiben. Also müsste er unzweifelhaft und entschlossen für Rot-Grün in Düsseldorf eintreten. Das er es nicht tut, ist auch einer der Gründe dafür, warum seine Partei so wenig motiviert scheint, sich mit aller Macht dem drohenden historischen Absturz entgegenzustemmen. PASCAL BEUCKER