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Archiv-Artikel

In fünf Schritten zum Happy End

Es kann dir überall passieren – egal ob Liebesfilm, Komödie oder Actionthriller

1. Das Genre Ein gutes Happy End kommt unerwartet. Im Melodrama spitzt sich die Geschichte zu, bis es keinen Ausweg mehr zu geben scheint - dann der erlösende Kuss. Die Tragödie dagegen kennt nur den Tod als Ende. Bei Kaiser Joseph II. von Österreich lief das anders. Er ordnete den „Wiener Schluss“ für alle Stücke im Wiener Burgtheater an – Romeo und Julia durften überleben und glücklich sein. Heute lauert selbst im Tatort das Happy End: Die KommissarInnen fassen in den letzten zehn Minuten doch den richtigen Mörder und wir können den Sonntagabend beruhigt beenden.

2. Die Charaktere Ein Happy End dürfen nur die sympathischen HauptdarstellerInnen bekommen. Hinter der perfekt sitzenden Frisur verstecken sich bestenfalls ganz schön viele Macken. Vielleicht auch ein vollkommen hoffnungsloser Typ. Nehmen wir Julia Roberts und Hugh Grant in „Notting Hill“. Sie ist schön und einsam, er lieb und - auch einsam. Logisch: Die müssen zusammen kommen. Wichtig ist, dass die beiden am Ende nicht nur glücklicher sind, sondern auch schlauer als zuvor. Sie sind in die Tiefen ihrer verschrobenen Persönlichkeit gestiegen und haben sich gegenseitig wieder nach oben gezogen.

3. Die Geschichte Wichtig beim Aufbau der Geschichte ist allein das Wechselbad der Gefühle. Oft fängt alles gut an, aber ein bisschen schlechte Stimmung liegt schon in der Luft. Meg Ryan ist in „Schlaflos in Seattle“ zwar verlobt, aber der Richtige scheint es nicht ganz zu sein. Die ZuschauerInnen merken: Da geht noch was! Neue Szene mit einer zweiten trostlosen Seele. Logisch: Die beiden gehören zusammen. Es kann mitunter auch schlecht anfangen und dann gut werden: Harry Potter entkommt seiner fiesen Tante, trifft neue Freunde auf der Zauberschule, aber dann taucht der Oberfiesling auf: Lord Voldemort.

4. Die Blockade Bevor es zum großen Finale geht, sackt die Stimmung einmal so richtig ab. Dabei hat sich das Publikum im sicheren Fahrwasser gewähnt! Der Mörder ist gefasst. Aber dann – ist es doch der Falsche. Skandal! Hoffnungslos. In „Herr der Ringe“ ist die Phase der Aussichtslosigkeit endlos. Dem kleinen Hobbit gehen die WegbegleiterInnen flöten und es ist kaum vorstellbar, dass er sich gegen die triefende Klonarmee durchsetzen kann.

5. Das Finale Es regnet, die Stimmung ist verzweifelt, die Musik jagt uns Tränen in die Augen. Doch dann findet er sie, sie schauen sich an, große Liebe und: Kuss. „Frühstück bei Tiffany“ hat im Buch von Truman Capote kein gutes Ende – in der Verfilmung mit Audrey Hepburn wird es happy. Natürlich hat Orson Wells heimlich recht: „If you want a happy ending, that depends, of course, on where you stop your story.“ Aber das werden wir nicht gleich weitersagen.

KATRIN GOTTSCHALK