: Windbranche setzt auf Export
Die Förderung der Windkraft im Inland hat deutsche Hersteller zu Weltmarktführern gemacht. Es war stets auch Ziel, sie fit zu machen für internationale Aufgaben. Interessant sind die Märkte Spanien, Portugal, Frankreich, Italien und Großbritannien
VON BERNWARD JANZING
Der heimische Markt allein macht die deutschen Windkraftbauer längst nicht mehr glücklich – und das war absehbar. Denn die Zahlen des Rekordjahres 2002, als in Deutschland eine Leistung von 3.247 Megawatt Windkraft neu installiert wurde, waren nicht auf die Dauer zu halten. So kamen schon 2003 „nur“ noch 2.608 Megawatt hinzu, im vergangenen Jahr waren es gerade noch knapp über 2.000 Megawatt. Damit verlor Deutschland im Jahr 2004 nach Jahren wieder den Weltmeistertitel in Sachen Zubau. Den errang haarscharf Spanien, das im vergangenen Jahr ein paar Megawatt mehr ans Netz brachte als Deutschland.
Die Gesamtsumme der installierten Leistung ist in Deutschland mit fast 17.000 Megawatt zwar nach wie vor Weltspitze – doch andere Länder holen rapide auf. Spanien ist immerhin bei rund 8.500 Megawatt angelangt, dicht gefolgt von den USA auf Platz drei. Und da die Prognosen für 2005 in Deutschland mit 1.700 Megawatt Zubau nochmals niedriger liegen als im Vorjahr, während andere Länder weiter zulegen, ist längst offensichtlich, dass die Branche sich nach Exportmärkten umsehen muss. Zwar hoffen die deutschen Firmen für 2007 oder spätestens 2008 auch im Heimatland wieder auf steigende Installationszahlen durch Offshore-Parks, doch mit Ausbauraten wie in den Jahren 2001 bis 2003 rechnet so schnell niemand mehr.
Da etwa die Hälfte der europäischen und ein Drittel der weltweiten Windkraftleistung derzeit in Deutschland installiert ist, liegt es nahe, dass die deutschen Hersteller zu den Weltmarktführern gehören. Sie dürften von einem Ausbau der Windkraft in anderen europäischen Ländern daher besonders stark profitieren.
Schon vergangenes Jahr machte die deutsche Windbranche rund 60 Prozent ihres Umsatzes im Export – rund 2 Milliarden Euro bei einem Gesamtumsatz von 3,5 Milliarden. In diesem Jahr wird der Exportanteil nach Prognosen des Bundesverbandes Windenergie (BWE) sogar auf zwei Drittel steigen. Entsprechend gaben jüngst in einer Umfrage der Deutschen Energie-Agentur (Dena) 92 Prozent der Unternehmen aus der heimischen Windbranche an, der Export sei für sie inzwischen „wichtig“ oder „sehr wichtig“.
Die Deutsche Energie-Agentur – sie wird finanziert vom Bundeswirtschaftsministerium und der KfW-Bankengruppe – unterstützt die Firmen dabei im Rahmen ihrer Exportinitiative nach Kräften. Schließlich war es stets auch ein Ziel der Windkraftförderung in Deutschland, die hiesigen Hersteller fit zu machen für den Weltmarkt. Das wäre ohne kräftige Eigenerzeugung von Windstrom im Land nicht denkbar gewesen. Denn wie sollen Firmen Technologien entwickeln können, wenn sie keine Möglichkeit haben, diese auf dem Heimatmarkt ausgiebig zu testen?
Als interessante Exportmärkte gelten in der Windbranche derzeit Spanien, Portugal, Frankreich, Italien und Großbritannien. Oft ging dem Export deutscher Windkrafttechnologie der Export einer anderen Erfolgsgeschichte voraus: Zahlreiche Länder, Spanien zum Beispiel, nahmen sich bei der Förderung des Ökostroms das deutsche Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zum Vorbild. Denn diese Festpreisvergütung, die Betreibern von Kleinkraftwerken langfristig auskömmliche Strompreise garantiert, hat sich inzwischen weltweit als das effizienteste aller Förderinstrumente erwiesen. Länder, deren Vergütung nach anderen Prinzipien erfolgt, blieben allesamt erheblich hinter dem zurück, was Deutschland an Zubau erwirken konnte.
Dieses Jahr im Herbst noch will die Dena für Frankreich und Großbritannien jeweils einen Praxisreport veröffentlichen, der Exporteuren sehr präzise Einblicke in die jeweiligen Märkte gibt. Für die Solarbranche gibt es einen entsprechenden Report seit vergangenem Herbst bereits für Spanien. Mit Marktdaten, Erläuterungen zu den Einspeisekonditionen, Infos zu nationalen Förderprogrammen und genehmigungsrechtlichen Aspekten haben sich die Länderreports der Dena binnen kurzer Zeit einen guten Ruf unter Praktikern erworben – deswegen soll es sie bald auch für die wichtigsten Windmärkte geben.
Neben den genannten europäischen Ländern seien aber auch die USA, Brasilien, China, Japan und Taiwan für die deutsche Windbranche interessant, heißt es bei der Exportinitiative in Berlin. Zusammen mit dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag (DIHK) und den Handelskammern im Ausland bietet die Initiative auch Geschäftsreisen unter dem Aspekt Windkraft in die betreffenden Länder an. Nicht nur von Herstellern, sondern auch von Planern werde dieses Angebot „gut angenommen“, sagt Markus Kurdziel, Bereichsleiter Regenerative Energien bei der Dena.
Das Risiko, dass die Windkrafthersteller mit zunehmendem Wachstum der Auslandsmärkte ihre Produktionen komplett verlagern könnten, schließt Kurdziel aus. Denn es werde schon heute in der Regel eine Aufgabenteilung praktiziert. „China verlang zum Beispiel 70 Prozent lokale Wertschöpfung“, sagt Kurdziel. Doch das sei aus deutscher Sicht durchaus in Ordnung: Türme und Rotorblätter würden dann vor Ort produziert, Generator, Getriebe und Elektronik kämen aus Deutschland. Und auch internationale Hersteller, die Anlagen im Ausland aufstellten, nutzten zu einem erheblichen Anteil deutsche Technologie – bei Getrieben und Wälzlagern setzten sie zum Beispiel häufig auf deutsche Zulieferer. So bleibe für die deutschen Firmen ausreichendes Potenzial für Fertigungen in der Heimat, ist die Dena überzeugt.
Treffen diese optimistischen Einschätzungen zu, werden auch die hiesigen Arbeitsplätze der Branche erhalten bleiben. Derzeit beschäftigt die Windkraftbranche nach Schätzungen des Branchenverbandes VDMA Power Systems in Deutschland etwa 50.000 Mitarbeiter. Die Zahl ist in den vergangenen Jahren in die Höhe geschnellt: Bis 1997 lag sie unter 10.000. Und wenn der Branchenverband BWE Recht behält, wird die Zahl der Beschäftigten dank des immer besser anlaufenden Exportgeschäftes weiter wachsen: Allein für dieses Jahr hofft man auf 6.000 neue Arbeitsplätze.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen