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Archiv-Artikel

Panikverkäufe oder reine Psychologie

Der jüngste SPD-Kurs bescherte den börsennotierten Titeln der Erneuerbaren-Energie-Branche herbe Kursstürze

BERLIN taz ■ Gerade war er noch der Star des Börsenparketts, jetzt hat ihm Bühnenprofi Gerhard Schröder in die Show gepfuscht: der Solartitel Conergy. Mitte März gelang dem kleinen Anlagenbauer ein glanzvolles Börsendebüt: Der Ausgabepreis von 54 Euro schnellte binnen kürzester Zeit auf 71 Euro hoch. Und stieg langsam, aber stetig weiter. Bis zu Kanzler Schröders Neuwahlen-Einlage: Conergy verlor gestern fast 5 Prozent.

Dabei haben die Hamburger noch Glück: Andere Solartitel brachen wesentlich stärker ein. So verloren etwa die im TecDax notierten Papiere von Solarworld neun Prozent, die Anteilsscheine von Sunways gaben sogar 20 Prozent ab. Auch die Windkraft-Aktien mussten herbe Verluste einstecken. Die Branche der Erneuerbaren Energien, der erste Verlierer der rot-grünen Regierungsausstiegspolitik?

„Das ist reine Psychologie“, erklärte gestern ein Händler. „Es wird darauf spekuliert, dass es bei den Neuwahlen einen Machtwechsel im Bund gibt und diese Firmen von den Gesetzen der neuen Regierung nicht mehr so profitieren.“ Der Bundesverband Windenergie (BWE) bezeichnete die Kursverluste als „Reaktion, die durch die Fakten nicht unterlegt ist“. Karsten Körnig, Geschäftsführer der Unternehmensvereinigung Solarwirtschaft, erklärte: „Das Erneuerbare Energien-Gesetz ist bis 2008 beschlossen und auch von der CDU nicht in Frage gestellt.“ Ralf Bischof vom BWE: „Es war einst die Union mit ihrem Einspeisegesetz und der Baurechtsprivilegierung, die den Windkraftboom anschob. Warum sollte sie heute eine andere Politik machen?“ Und Johannes Lackmann, Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energien, sagte: „Die CDU wird schon angesichts des steigenden Ölpreises das Rad der Erneuerbaren nicht zurückdrehen können – und wollen.“

Ähnlich gelassen reagierten gestern die Unternehmen. Der Windkrafthersteller Repower Systems teilte etwa mit, einen 32-Millionen-Vertrag über 22 Windräder mit der im Osten Englands operierende Gesellschaft Fenland Wind Farms abgeschlossen zu haben. Fenland Wind Farms ist eine Tochter des französischen Atomstromers Éléctricité de Françe. NICK REIMER