berliner szenen: Problem mit Sahneschnitzel
In der Apotheke ist die Schlange lang und alle husten, sodass ich möglichst schnell wieder weg will, aber ich bin ja gleich dran. „Sahneschnitzel“, sagt die Übersetzungs-App der Frau am Verkaufstresen direkt vor mir. „Wie bitte?“, fragt die Apothekerin.
Die Frau drückt noch einmal darauf und wieder erklingt monoton: „Sahneschnitzel.“ Die Apothekerin guckt die Frau hilflos an. Die wiederholt etwas in einer anderen Sprache. Ich tippe auf Rumänisch. Sie holt jetzt ihr Portemonnaie hervor und zeigt auf ein Bild darin. „Also für Ihre Mutter?“ Die Frau nickt, dann zeigt sie auf ihren Oberkörper und macht ein schmerzvolles Gesicht. „Schmerzen?“, rät die Apothekerin, „aber wo genau?“ Die Frau drückt wieder auf die App. „Sahneschnitzel“, sagt die App unheilvoll eindringlich. Die Frau drückt noch ein paar weitere Male: „Sahneschnitzel, Sahneschnitzel, Sahneschnitzel.“ Ich versuche zu helfen: „Vielleicht Muskelschmerzen?“ Die Apothekerin hebt verzweifelt die Schultern: „Ich gebe mir schon alle Mühe, aber von Sahneschnitzel auf Muskelschmerzen zu kommen?“
„Nur so eine Idee, aber vielleicht sind es Gliederschmerzen?“, schlage ich vor. Da ruft die Frau einen Namen. Ein dünner Teenager mit einem Einkaufstrolley kommt herein, er hat einen feinen Schatten über der Lippe und sieht genervt aus. Seine Mutter sagt etwas, spielt ihm die App vor. Der Junge lacht eher widerwillig, sofort ist er wieder ernst: „Meine Mutter braucht was für Bauch.“
„Sahneschnitzel is auch was fürn Bauch“, ruft es hinter mir aus der Schlange. „Gegen Sodbrennen?“, fragt die Apothekerin. Der Junge guckt fragend. Die Apothekerin macht ein Aufstoßen nach.„Da!“, ruft die Mutter begeistert und nickt. „Also ein Mittel nachdem man das Sahneschnitzel gegessen hat“, sagt die Apothekerin. Sie sieht erleichtert aus. Die Frau mit der App auch. Isobel Markus
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen