wortwechsel
: AfD, Asylpolitik und das Verhältnis zu Israel

Wurde die rechte Gesinnung durch Erinnerungskultur nur zurückgedrängt? Und warum spricht Scholz jetzt von „illegaler Migration“?

Überschätzt man nicht manchmal die historische Bedeutung der AfD? Foto: Sebastian Willnow/dpa

Stimmengewinne AfD

„Gibt es überhaupt einen Rechtsruck?“,

wochentaz vom 21. 10. 23

Der Rechtsruck ist nicht „möglich“, er ist da. Es geht auch nicht um gut und böse. Das sind abstrakte Kategorien, die so in der Realität nicht zu finden sind. Es gibt konkrete gute und schlechte Handlungen und Taten. Der reale Rechtsruck in Deutschland hat auch wenig mit der AfD zu tun, das hieße deren historische Bedeutung zu überschätzen. Er hat damit zu tun, dass die deutsche Gesellschaft schon lange latent rechts war mit einem Gemisch aus Rechtskonservativismus und -extremismus. Die sogenannten ­Heitmeyer-Studien belegen das seit Jahren: Es ist ein rechtslastiges Potenzial in dieser Gesellschaft, das aber mithilfe der deutschen Erinnerungskultur und des durchgängigen Willens der bürgerlichen Eliten, das vor dem Ausland zu kaschieren, zurückgedrängt wurde. Die AfD ist lediglich ein Ausdruck davon. Den jetzt offenen Rechtsruck in Deutschland erkennt man unter anderem an der Aiwangerisierung der bayerischen Politik. Daran, dass Merz die Erinnerungskultur anlässlich des verbrecherischen Angriffs der Hamas auf Israel instrumentalisiert, um seinem ­antiarabischen und -­muslimischen Rassismus freien Lauf zu lassen. Das Ergebnis: Viele Deutsche fühlen sich mit ihrem gelebten Antirassismus und ihrer Ausländerfeindlichkeit wieder wohl. Nach ca. 15 Jahren Dauerkrise fühlen sich die Menschen überfordert und wünschen sich Lösungen und eben Ruhe. Helmut Hugler, Berlin

Israelische Gesellschaft

„Israel existiert, weil solche Dinge nicht passieren sollten“,

wochentaz vom 21. 10. 23

Das Interview mit dem Autor Yossi Klein Halevi ist der Lichtblick in der wochentaz. Es scheint, nur fühlend Betroffene können etwas aussagen, zur Diskussion beitragen. Wenn der Autor bekennt, er wäre heute nicht in der Lage, sein damaliges Gesprächsangebot an die Palästinenser zu unterbreiten, und dennoch froh ist, den Vorschlag gemacht zu haben, dann zeigt er damit, wie und wo der Ausweg aus dem Problem zu suchen ist. Denn ein Zusammenleben werden die beiden Ethnien lernen müssen. Es gibt doch nur einen Homo sapiens sapiens. Der sei aus einer kleinen (Rest-)Population heraus zum Einflussfaktor auf dem Planeten und nun zur Bedrohung seiner selbst geworden. Die Größenordnung der zeitgleichen Konflikte sollte bemerkt werden.

Klaus Warzecha, Wiesbaden

Lehrermangel

„Das Pochen am Hals“,

wochentaz vom 14. 10. 23

Bitte bringen Sie diesen Artikel ganz oben an der Stelle für Schlagzeilen. Er ist symptomatisch für den Zustand an unseren Schulen und beschreibt den Grund, warum es in Deutschland ungewöhnlich viele Schüler gibt, die den Abschluss nicht schaffen, für den Fachkräftemangel etc.

Juliane Reussner, Darmstadt.

100. Geburtstag Lotte Kramers

„Frau Kramer schreibt kein Deutsch“,

wochentaz vom 14. 10. 23

Vielen Dank für diese Reportage über Frau Kramer. Ich habe meine Jugend im Nachkriegs-Mainz verbracht. Unser Hauptspielgelände war die Sina, die ganz in unserer Nähe lag, ein ca. einen Hektar großes Trümmerrevier, teilweise überwuchert, für uns ein Idealgelände. Hier konnten wir fast unbeobachtbar hausen, mit Zigaretten, Brandbomben etc. Niemand hatte damals eine Idee davon, was das Wort Sina bedeutete. Dass bis 1938 dort u. a. die Mainzer Neue Synagoge stand, das erfuhren wir erst, als dort das Zollamt gebaut wurde. Heute steht ja dort die neue Synagoge. Von Frau Kramer haben wir nie etwas gehört, auch nicht in neuerer Zeit. Unser Gymnasium war noch in den sechziger Jahren stark braun versifft. Ich bin sehr gespannt auf Frau Kramers Gedichte und freue mich auf das Werk.

Franz Kluge, Tettau.

KI-Kolumne Anic T. Wae

„Ich kenne weder das Gefühl von Wärme noch von Kälte. Aber das hält mich nicht davon ab, im Herbst über Metaphysisches nachzugrübeln“,

wochentaz vom 21. 10. 23

Ich werde – zumindest bewusst – keine Texte von künstlichen Intelligenzen lesen. Ich will die Gedanken von echten Menschen lesen. Alles zu machen, nur weil es möglich ist, halte ich für falsch. Immer nur in eine Richtung (Digitalisierung) zu „marschieren“ macht unsere Welt nicht besser. Inzwischen werden Menschen ohne Smartphone von immer mehr Bereichen ausgeschlossen.

Soheyla Sadr, Lübeck

Israelische Studie zu Adipositas

„Ganzheitlich gesund“,

wochentaz, Verlagseiten zu ­Anthroposophie vom 21. 10. 23

Liebe Redaktion, die Waldorf-Population ist doch nicht vergleichbar mit der Gesamtpopulation (Bildung, Einkommen etc). Im Orginalartikel kann man sofort nachlesen: Es werden Schulen in gleichen Regionen verglichen, die anderen soziodemografischen Faktoren bleiben unberücksichtigt. Denken Sie mal an eine x-beliebige Waldorfschule und vergleichen Sie diese mit einer Gemeinschaftsschule daneben. Die Häufigkeit von Adipositas wird ungleich verteilt sein, das liegt aber sicher nicht am Anthro-Lehrstoff. Das ist aber nicht alles: Ich stelle fest, dass in der Zeitschrift Nutrients sehr viele Artikel veröffentlicht werden. Zwei Klicks später finde ich heraus, dass es sich bei Nutrients keinesfalls um ein Fachjournal handelt, sondern hier werden Veröffentlichungen verkauft. Mit Verlaub aber: Das ist ganz schlechte Wissenschaftsberichterstattung. Das mag nur eine Verlagsseite sein, aber bitte mehr Sorgfalt!

Uli Krieger, Mannheim

AfD im Aufwind

„Attraktiver Behälter ohne Inhalt“,

wochentaz vom 21. 10. 23

Fehlende Bürgernähe kann bei Menschen ein Ohnmachtsgefühl bewirken. Demokratie erlebbar zu machen könnte wieder ein Gefühl der Teilhabe ermöglichen. Nachbarschaftstreffs, Bürgerhäuser oder selbstverwaltete Stadtteilzentren sind solche Erfahrungsorte. In einem leer stehenden Laden könnte eine Initiative einen Treffpunkt einrichten, wo Beratung, Film, Skatrunde, Sprachkurs und Nachhilfe angeboten werden. Bei Kaffee und Keks lassen sich Ereignisse und Vorhaben im Viertel besprechen, erfolgt Meinungsbildung, Verabredung von Aktionen. Und das lange vor Anhörungen zu abgehobenen unabänderlichen Entscheidungen.

Rolf Sintram, Lübeck