: Safersex soll Kult werden
Junge Homosexuelle aus Hamburg sowie Mitstreiter aus ganz Deutschland wollen Jugendliche für geschützten Geschlechtsverkehr begeistern – allerdings ohne den moralischen Zeigefinger zu heben
Von Markus Jox
Phil Caratier ist ein Verfechter von Safersex. Der 26-jährige, attraktive schwule Mann, der seit einigen Jahren in Hamburg lebt, hat sich einer Sache verschrieben: Er möchte mit Jugendlichen – gerade mit denen, die ihre Homosexualität entdecken – über deren Einstellung zur Sexualität sprechen, auch zum so genannten „Barebacking“ – dem ungeschützten Geschlechtsverkehr, der derzeit wieder trendy zu sein scheint: „Im Moment ist es kultiger, ohne Gummi zu vögeln“, sagt Caratier und weist auf beliebte Kommunikationsplattformen im Internet hin.
Dort können User Profile von sich anlegen – und in der Rubrik „Safer Sex“ zwischen mehreren Möglichkeiten wählen – von „jederzeit“ bis hin zu „nie und nimmer“. Caratier ärgerte sich sehr über diese Optionen, diskutierte per E-Mail mit den Verantwortlichen, wertete Statistiken des Robert-Koch-Instituts aus, die eine deutliche Zunahme der HIV-Neuinfektionen bei Schwulen belegten – und entschied sich dann zusammen mit einem Team junger Männer, selbst aktiv zu werden und „etwas für die Community zu tun“. Also stellte er Bilder von sich selbst in ein Profil und warb für Sex mit Kondom. Es ging ihm darum, „dass die Leute geil werden, aber gleichzeitig die Notwendigkeit von Safersex erkennen“.
Nach und nach stieß Phil Caratier auf weitere Personen, die sich sagten: „Wir müssen an die Öffentlichkeit gehen.“ Dabei soll der ungeschützte Sex nicht etwa verboten, sondern „der Szene durch Safersex Lebensfreude und Coolness vermittelt“ werden, kurz: Es soll Raum für Bewusstsein geschaffen werden.
Die Hauptzielgruppe des Safersex-Teams sind schwule Jugendliche: „Ich kann es nicht ab, wenn ein 16-Jähriger von einem 30-Jährigen ohne Gummi gepoppt wird – und so sein Leben wegwirft.“ Eine Jugendkampagne für Safersex dürfe keinesfalls „von oben herab“ geführt werden, ist sich Caratier sicher: „Das muss peppig sein, ein wenig verspielt und nicht zu langweilig.“ Aufgrund dieser Überlegungen entstand Anfang des Jahres „the community projekt“. Einen konkreten Namen soll die Kampagne nicht erhalten, auch möchte Caratier seine Person dabei keinesfalls in den Vordergrund gerückt sehen: „Es darf jeder mitmachen und Ideen einbringen“, sagt er, „die Leute sollen uns mailen und Kontakt aufnehmen“. Weitere Aktionen sind geplant.
Auf der Webpage des Projekts werden die Vorzüge von Prävention und geschütztem Sex thematisiert – allerdings ohne jeden moralischen Zeigefinger. „Unser Ziel ist es“, sagt Phil Caratier, und er sagt das fast leidenschaftlich, „Safersex zum Kult zu erheben.“
Weitere Infos unter www.fucksafe.de, E-Mails an info@fucksafe.de