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kritisch gesehen: open-air-kunstausstellung ms artville in hamburgAnruf im Goldfischglas

Mal wieder so richtig in meiner Künstlerbubble gesuhlt habe ich mich am Wochenende auf dem Open-Air-Kunstfestival MS Artville in Hamburg-Wilhelmsburg. Eine Woche lang wird dort urbane Kunst unter freiem Himmel gezeigt – und Konsumkritik geübt.

Ungebeten drückt mir jemand einen Zettel in die Hand. „Wie sieht ein Krieg um Wasser aus?“, steht darauf, darunter eine Telefonnummer. Was hat das zu bedeuten? Ich laufe durch ein buntes Gewabere, als meine Aufmerksamkeit auf einen schwarzen Kasten fällt. Drinnen ist es dunkel, die Luft ist stickig, es plätschert und ich fühle mich wie in einem Aquarium. Wer sich hier rein­traut, blickt auf drei von Nebel umwaberte Wasserbecken. In einem davon ist ein Goldfisch gefangen. Das arme Ding! An der Installation ist ein Schalter angebracht. Was wohl passiert, wenn man ihn drückt? Neugierig probieren es alle aus und immer mehr Wasser läuft in das Becken – bis es überläuft.

„How Much Is the Fish?“ heißt das Experiment der Künst­le­r*in­nen Andreas Szczurowksi und Ribana Schmidt. Und plötzlich wird mir auch klar, welche Rolle der Zettel spielt, der mir in die Hand gedrückt wurde: Unter dem Fisch liegt ein Handy. Ich wähle die Nummer und lese die Frage auf dem Zettel vor: „Wie sieht ein Krieg um Wasser aus? Drückt den Schalter, um es herauszufinden!“ Dumpf, wie unter Wasser, ertönt meine Stimme aus einem Lautsprecher. Plötzlich spielt niemand mehr an dem Knopf herum. Alle starren ihn nur noch verlegen an. Jetzt ermutige ich sie von mir aus: „Drückt ihn, ihr seid nur im Außen. Ihr seid kein Teil des Krieges“. Das Wasser plätschert weiter.

Dass auch nun gar nichts Schlimmes passiert, wenn wir den Knopf drücken, wussten alle. Trotzdem genügte eine Frage – und die Stimmung kippte. Nur noch peinlich berührte Stille im Raum, während sich das Becken immer weiter füllt. Und auch die Empörung über den armen Fisch in Gefangenschaft schien plötzlich verflogen. Den hätte man übrigens einfach aus seinem Becken nehmen und am Vehringkanal nur ein paar Meter weiter in die Freiheit entlassen können. So weit ging die Betroffenheit dann aber doch nicht. Der Fisch und wir, gefangen in unseren Becken und Blasen. Wer ihn doch noch erlösen möchte, kann das beim MS-Dockville-Festival am Wochenende noch tun. So lange bleibt die Kunst dort aufgebaut. Nina Christof

MS Dockville: bis So, 20. 8., Hamburg, Festivalgelände am Reiherstieg, Alte Schleuse 23; www.msdockville.de

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