piwik no script img

nachruf

Burt Bacharach

Man könnte es sich leicht machen und die Hits aufzählen: Wer Evergreens wie „I Say a Little Prayer“, „Raindrops Keep Fallin’ on My Head“, „I’ll Never Fall in Love Again“ und „A House Is Not a Home“ komponiert hat, hat einen Ehrenplatz in der Ruhmeshalle des Tonsatzes sicher. Mit diesen Songs wurde Burt Bacharach – und sein Textdichter Hal David – in den 1960ern eine Berühmtheit, Aretha Franklin, Tom Jones und The Carpenters rissen sich um seine Stücke.

Der kommerzielle Erfolg gab ihm aber auch die Freiheit, die Grenzen des Popsongformats auszutesten, mehrfach mitten im Song den Takt zu ändern und Melodien zu ersinnen, die man als ge­mei­ne*r Ra­dio­hö­re­r*in nicht ohne Weiteres mitsummen kann (versuchen Sie mal, „What’s New Pussycat?“ zu singen!) – auch wenn die Musik speziell von Rockfans etwas verächtlich als Easy ­Listening kategorisiert wurde. Einige dieser gewagten Minidramen mussten dann auf B-Seiten oder irgendwo auf Alben versteckt werden, vorzugsweise denen seiner Lieblingsinterpretin Dionne Warwick: Songs wie „Don’t Say I Didn’t Tell You So“, „Walking Backwards Down the Road“, „Fool Killer“ oder „Let Me Go to Him“ bringen erst den richtigen, ganzen Bacharach nach vorne.

Gelernt hatte der 1928 in Kansas City Geborene sein Handwerk bei niemand Geringerem als ­Darius Milhaud an der Mannes School of Music in New York. Es war die Zeit von Atonalität und „Fäuste-auf-dem-Piano-Zeug“, wie er sich Bacharach später erinnerte. Milhaud hörte jedoch eine Sonatine von ihm und bestärkte ihn darin, tonal zu arbeiten: „Das ist nichts, wofür man sich schämen muss.“ Bis zuletzt reiste Bacharach durch die Welt, und Zeugen dieser Konzerte waren erstaunt über die jugendliche Frische des über 90-Jährigen. Er starb am 8. Februar in Los Angeles. Detlef Diederichsen

Längere Fassung auf taz.de

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen