: Mein Freund, der Biobauer
REGIONALES Viele Lebensmittel legen Tausende Kilometer zurück, bevor sie gegessen werden. Dabei gibt es auch in Norddeutschland zahlreiche Produzenten, die direkt an die Kunden liefern. Die taz.nord nennt einige Beispiele
Mathias von Mirrbach gründete vor rund 14 Jahren mit zehn Familien eine Wirtschaftsgemeinschaft. Seitdem stellt der Pächter des Kattendorfer Hofs bei Hamburg seinen Kunden gegen eine monatliche Pauschale die Produkte seiner Demeter-Landwirtschaft zur Verfügung.
Aus den zehn Familien sind inzwischen 300 Kunden geworden. Von Mirrbach beliefert wöchentlich zwei Hofläden und zehn selbst organisierte Abholstellen mit frischen Milchprodukten, Fleisch und Gemüse.
Der 53-jährige Bauer schwärmt von dem Vertrauen der Kunden: „Ich habe so eine ganz andere Planungssicherheit und bin nicht mehr dem Markt ausgeliefert“, sagt er.
Georg und Elisabeth Lutz schließen die Tore zu ihrem Hof nur selten. Seit über 20 Jahren pachtet Lutz das 350 Hektar große Gut Wulfsdorf in Ahrensburg; getreu den Demeter-Standards baut er Gemüse an und hält Rinder, Schweine und Gänse.
Das alles vor den Augen seiner Kunden: Solange der Hofladen geöffnet ist, kann sich jeder auf dem Gutsgrundstück aufhalten und die Landwirtschaft erleben.
„Viele Menschen haben eigentlich keine Vorstellung von Landwirtschaft oder eine romantisierte, die ihnen durch Werbung suggeriert wird“, sagt die langjährige Mitarbeiterin Martina Sträßer. „Wir möchten den Menschen einen Blick hinter die Kulissen ermöglichen.“
VON TIMO ROBBEN
Jan Schierhorn änderte nach der Geburt seines Kindes sein Leben: Er gründete die gemeinnützige GmbH „Das Geld hängt an den Bäumen“.
Zusammen mit den Elbe-Werkstätten erntet er Äpfel von Hamburger Bäumen, die niemand mehr braucht. Der 43-Jährige bietet psychisch Kranken und Behinderten Jobs unter anderem als Erntehelfer. Schierhorn finanziert 30 Arbeitsplätze.
Aus den Äpfeln macht er Apfelsaft. Der hat es inzwischen in viele Feinschmeckerläden und sogar bis in die Hamburger Bürgerschaft geschafft.
„Meine Währung ist nicht Euro, sondern Emotion“, sagt Schierhorn.
1750 gründeten Thomas Sannmanns Vorfahren eine Gärtnerei in Hamburg-Ochsenwerder, die sich seitdem ständig weiterentwickelt hat – nicht zuletzt wegen der Investitionen seiner Kunden.
30 von ihnen haben inzwischen einen Genussschein erworben. Mit dem Schein investieren sie 1.000 Euro in die Demeter-Gärtnerei. Für fünf Jahre gibt es dann entweder vier Prozent Zinsen in bar oder fünf Prozent Zinsen in Naturalien. Das angelegte Geld wird in die Umsetzung innovativer Projekte der Gärtnerei investiert.
„In der Landwirtschaft braucht es viele Investitionen“, sagt Sannmann. „So verlagern wir die Kosten auf viele Schultern.“
In Zeiten florierender Fast-Food-Ketten und industrialisierter Landwirtschaft ist es schwer zu sagen, woher das Essen auf dem Teller eigentlich kommt oder wie es hergestellt und geliefert wurde. In manchen Fällen ist der Verbraucher sicher besser beraten, es nicht zu wissen. Kritische Dokumentarfilme wie „Meet your meat“ oder „We feed the world“ zeigen, dass die Lebensmittelkonzerne ihre Produkte weniger als Lebensmittel, sondern als Mittel zum Profit begreifen.
1992 kam Markus Marquardt auf die Idee, frisches Bio-Gemüse direkt vor die Haustür zu liefern. Er startet mit 50 Abnehmern – 20 Jahre später beliefert er rund 2.500 Kunden.
Das Unternehmen Hoflieferant kriegt seine Lebensmittel täglich frisch von acht umliegenden Höfen und liefert es direkt zu seinen Kunden. Markus Marquardt und sein Team stellen die Kisten zusammen – das Sortiment reicht von der Schonkost-Kiste bis hin zur Kalten Kiste für die schnelle Küche.
„Damals lagen in den Bio-Läden verschrumpelte Äpfel. In der Gärtnerei wurden wir die Tomaten nicht los“, sagt Marquardt. „Deswegen habe ich das Unternehmen gegründet.“
Dabei weist das Wort „Lebensmittel“ bereits darauf hin, um was es eigentlich gehen sollte: Lebensmittel sind Mittel zum Leben. Die folgenden fünf Lebensmittelhersteller und -lieferanten haben dem weltweiten Lebensmittelmarkt den Rücken gekehrt oder ihn überhaupt nie in Anspruch genommen. Sie setzen sich ganz bewusst von der industriellen Produktion ab und arbeiten in kleinen, überschaubaren Zusammenhängen, oft mit direktem Kontakt zu den Kunden. Auf diese Weise sorgen sie nicht nur für eine größere Transparenz, sondern tun auch Gutes für die Umwelt.