: Drahtesel goes green
Berlin Bamboo Bikes entdeckt Bambus als Rohmaterial für ökologischen Fahrradbau
Im Spätsommer ist die Krabbelstube des Prenzlauer Bergs auf ihren Holzlaufrädern noch fleißig unterwegs. Aus dem Kiezbild kaum mehr wegzudenken, wächst dort eine wohlbehütete Generation heran, der das Nachhaltigkeitsdenken scheinbar spielerisch in die Wiege gelegt wurde. Was aber, wenn sie den Kindergarten-Rädern entwachsen sind? Weiterhin Rad fahren, keine Frage. Doch reicht das, um den eigenen ökologischen Fußabdruck möglichst klein zu halten?
Auch Fahrräder müssen produziert werden, und dabei gab es bis dato wenig Kriterien zur Bemessung der Umweltfreundlichkeit. Das soll sich nun ändern, wenn es nach Thomas Finger, Student und Tutor der Technischen Universität Berlin, geht. Thomas hat vor zwei Jahren die überparteiliche Hochschulgruppe „grüneUni“ mitgegründet, um sozialökologische Anliegen in die Tat umzusetzen. „Berlin Bamboo Bikes“ startet ab kommenden Semester in diesem Rahmen als eine von Thomas geleitete Projektwerkstatt. Soll heißen, dass sich Studenten und Studentinnen aller Berliner Hochschulen bei Berlin Bamboo Bikes an Entwicklung und Bau von Bambus-Fahrrädern beteiligen und sich das Tüfteln am Rad aus nachwachsenden Rohstoffen als Wahlfach anrechnen lassen können.
Die Projektwerkstatt will Thomas bewusst offen gestalten, um Berlin Bamboo Bikes als „Freie Hardware“ mit Breitenwirkung zu etablieren. „Vom Produktdesign über die eigentliche Konstruktion bis zum Ausarbeiten eines Werbekonzepts, alles fällt da mit hinein“, meint Thomas. Ihm geht es vor allem auch darum, seinen Teil dazu beizutragen, wenn es heißt, die Rohstoffwende voranzutreiben. Er beschäftigt sich schon seit Längerem mit dem Umstieg von nicht erneuerbaren auf nachwachsende Rohstoffe und berichtet detailliert über zahlreiche Innovationen in diesem Bereich, wie den Einsatz von Grasfasern als Energielieferant und Bio-Materialressource für Dämmstoffe. Man merkt schnell, wofür sein Herz schlägt. Aber ist das Bambus-Fahrrad daraus die logische Konsequenz? „Ich bin eher nebenbei darauf gestoßen. Immer wieder schaue ich, was es Neues in diesem Bereich gibt. Dann entdeckte ich diese bahnbrechende Idee von Fahrrädern aus Bambus und merkte – so neu ist das gar nicht.“ In der Tat wurden die ersten bereits Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Das im Logo der Berlin Bamboo Bikes abgebildete Modell stammt von 1896. Flächendeckend durchgesetzt haben sich die Bambus-Treter aber nie. Vielleicht standen die Zeichen der Zeit damals in der Spätphase der Industriellen Revolution einfach nicht danach. Ein Umdenken in der Rohstoffnutzung entspricht vielmehr dem Zeitgeist. Oder sollten sich die herkömmlichen Drahtesel aus Stahl oder gar Aluminium schlichtweg als resistenter entpuppt haben? „Keineswegs,“ weiß Thomas, „‚Stabiler als Stahl‘, hat das amerikanische Nachrichtenmagazin Newsweek über Bambus festgestellt. Bambus ist ein unglaublich biegsames Grasgewächs, das sehr hohen Spannungen standhält. Diese Materialeigenschaft erlaubt nicht nur Stabilität, sondern auch Flexibilität. Das Fahrgefühl wird als äußerst angenehm beschrieben, da das Material Vibrationen sehr gut ausgleicht.“ Jedoch sei er selber noch nicht in den Fahrgenuss gekommen. Wie denn auch, wo er bislang in ganz Berlin keines gesichtet hat.
Was bleibt, ist eine konkrete Vision: Neben den Kleinsten auf Holzlaufrädern sollen zukünftig auch die nicht mehr ganz so Kleinen auf ihren Berlin Bamboo Bikes das Stadtbild säumen. Mehr Infos zum ökologischen Umsatteln unter: berlin-bamboo-bikes.org/ und www.gruene-uni.org/mach_mit/ SARAH BRUGNER
Sanfte Mobilität Der Verkehrsclub Deutschland, kurz VCD, ist so etwas wie der ökologische Kontrapunkt zu den Automobilclubs wie dem ADAC. Er versteht sich als Interessenvertretung für alle umweltbewussten mobilen Menschen. Somit ist der VCD nicht nur auf ein einziges Verkehrsmittel fixiert, sondern setzt auf eine sinnvolle Kombination aller Arten von Mobilität. Dabei unterstützt er vor allem Fahrradfahrer, Fußgänger und Nutzer von Bahn- und Öffentlichem Personennahverkehr. Der 1986 gegründete Verkehrsclub sieht sich zum einen als Fach- und Lobbyverband, der Einfluss auf Politik und Wirtschaft nimmt, Themen auf die Agenda setzt und mit Forschungsinstituten zusammenarbeitet, zum anderen versteht er sich als Mitglieder- und Verbraucherverband von Verkehrsteilnehmern und -nehmerinnen.
Neben der jährlichen Herausgabe der Auto-Umweltliste, welche die Umweltverträglichkeit aktueller Automodelle bewertet, testet der VCD beispielsweise die Deutsche Bahn und den Nahverkehr mit Regelmäßigkeit aus Kundensicht. Bekannt wurde der Verkehrsclub nicht zuletzt, als er im Rahmen seiner breiten Kampagne für den „Halb-Preis-Pass“ die Deutsche Bahn zur Einführung der „BahnCard“ bewegen konnte. www.vcd.org/