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Archiv-Artikel

„Angst abgelehnt zu werden“

THEATER Mit dem Stück „Frauengeschichten“ touren 17 arbeitslose Frauen durch die Stadtteile

Von JPB
Marion Touray

■ 43, ist Kulturwissenschaftlerin und Leiterin des Frauenprojekts „Tessa“ beim Weiterbildungsträger bras e.V.

taz: Frau Touray, sind „Frauengeschichten“ auch was für Männer?

Marion Touray: Natürlich, obwohl sie in unserem Theaterstück nicht vorkommen. Aber wie eine Frau tickt, was ihr wichtig ist, das ist auch für Männer interessant.

Wovon handelt das Stück?

Es sind mehrere Episoden, die unsere Laiendarstellerinnen selbst entwickelt haben, inspiriert durch den „kleinen Prinzen“. In einer Szene ist eine Frau ständig auf Reisen und wird nirgends glücklich. Unzufriedenheit, innere Unruhe, sich heimatlos fühlen, das gibt es bei Männern auch. Eine andere Szene zeigt eine Geschäftsfrau, bei der sich alles um sie selbst dreht.

Und warum tingeln Sie durch die Stadtteile?

Wir wollen viele Menschen erreichen. Das hat auch pragmatische Gründe: Weil wir als Beschäftigungsträger von Kürzungen betroffen sind und Theater als unseren Gegenstand haben, liegt es nahe, damit auch etwas einzunehmen. Wir wollen zeigen, was Laiendarstellerinnen auf die Beine stellen können. Es sind ja alles arbeitssuchende Frauen.

Und nach dem Theater-Projekt sind sie wieder arbeitslos?

Danach kommen Bewerbungstrainings. Wir helfen Praktikumsplätze zu finden und bereiten auf Vorstellungsgespräche vor. Viele der Frauen haben Angst, wieder einmal abgelehnt zu werden. Durch das Projekt lernen sie selbstbewusster zu werden, ihre sozialen Kompetenzen zu stärken. Sie präsentieren ihr eigenes Produkt auf der Bühne. Diese Erfahrung ist wichtig.

Also konnten sie sich vorher auf dem Arbeitsmarkt einfach nur nicht richtig präsentieren?

Es liegt auch an der Unoffenheit der Arbeitgeber, nicht nur an den Frauen. Eine hat lange Drogen genommen, eine war Hauswirtschaftshelferin und ist mit 50 Jahren erkrankt, eine kam durch die Geburt ihres Kindes als Alleinerziehende zu ALG II. Es tut ihnen gut, bei uns anders angenommen zu werden, nicht nur als aussichtslose Fälle, wie beim Jobcenter. Interview: JPB

20 Uhr, Bürger- und Sozialzentrum Huchting, Amersfoorter Straße 8

www.bras-bremen.de