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Archiv-Artikel

Kampf gegen die Leerstelle

Der Palast der Republik wird abgerissen. Die Zwischennutzer wollen bleiben, auch auf der Brache. Die Ausstellung „X Ideen für den Schlossplatz“ zeigt 19 Entwürfe gegen die Langeweile in Mitte

VON TINA HÜTTL

Zelten auf dem Schlossplatz? Werkstätten zum Basteln am alten Mofa im Schatten des Palasts der Republik? Für die Berliner Gruppe „An Architektur“ jedenfalls ist das alles denkbar. Ein Palastabriss oder gar Schlossneubau ist für sie nichts als ein „jämmerlich kleinbürgerlicher Akt“ und „ein staatspolitisches Trauerspiel provinziellen Stadtmarketings“. Stattdessen träumen ihre Mitglieder von hunderten Parkbuchten auf dem Platz, die sich jeder leisten kann – der Dauercamper wie der Andenkenverkäufer –, und wer sie zusammenlegt, schafft Platz für Nutzgärten, Container-Jugendherbergen oder ganze Produktionsstätten mitten im Zentrum.

Zugegeben, die Umsetzung von „Palastparken“, so der Name des Entwurfs der „An Architekten“, ist wohl noch unwahrscheinlicher als der Wiederaufbau des Habsburger Stadtschlosses. Doch das ist durchaus Konzept. In dem Ideenaufruf „Abriss und dann?“ der interdisziplinären Plattform Urban Catalyst (UC) ging es darum, die Zukunft des zwischen Palastabriss und Schlossbau gefangenen Ortes einmal radikal anders zu denken. Zu sehen sind die Ergebnisse des Brainstormings ab kommendem Samstag in der Ausstellung „X Ideen für den Schlossplatz“ im Foyer des Palasts. Zudem werden sie in einem Buch dokumentiert und am Eröffnungstag in einem ganztägigen Symposium diskutiert.

Gegen Moos auf dem Platz

„Wir lieben die Palastruine“, sagt Philipp Oswald, einer der Volkspalast-Macher und Kurator der Ausstellung. „Doch wir wissen: Sie ist kein Dauerzustand.“ Denn klar ist: Der Abriss des Palastes ist so gut wie sicher. Die Zukunft des Schlossplatzes ist hingegen offen, weil für den vom Bundestag beschlossenen Schlossneubau schätzungsweise eine Milliarde Euro fehlt. Und mit einer mit Gräsern und Moosen schamhaft bedeckten gähnenden Leere wollen Oswald und seine Mitstreiter sich auf die Dauer nicht abfinden.

Den Bundestagsbeschluss vergleicht Oswald daher mit dem Bestellen eines Porsches, den man nicht bezahlen kann. Er sei also faktisch nicht existent. Dieses Dilemma, sagt Oswald, sei Ausgangspunkt für neunzehn Gestalter aus acht Ländern gewesen. Gemeinsam ist allen, dass sie den Glaubenskrieg zwischen Schloss-Befürworten gegen Palast-Erhalter hinter sich lassen – auch wenn einige die Idee vom Palast oder Schloss aufgreifen.

Resultat des Aufrufs sind die unterschiedlichsten Entwürfe. Bis auf zwei Modelle werden sie nur als Skizzen und als Gedanken auf Video vorgestellt. Der Amsterdamer Architekt Joost Meuwissen will beispielsweise das historische Schloss samt Schlossapotheke wieder aufbauen. Jedoch soll es nicht „instant“, also sofort, sondern im Laufe mehrerer Jahrhunderte entstehen. Künftige Generationen könnten dann in einem ständigen Veränderungsprozess weiter- und umbauen. Ein Vertrauen in die Nachwelt, das durch den rasanten Fortschritt in der Bautechnik verloren ging, soll so wiederentdeckt werden.

Der Moskauer Künstler und Architekt Alexander Brodsky dagegen stellt den Palast in den Mittelpunkt seiner Überlegung. Für „Hotel Berlin“ sprengt er ein Loch in seine Mitte gleich einem Atrium. Drum herum gruppiert er Hotelzimmer, Räume für Museen, Theater und Kino. Drei österreichische Architekten wiederum verwandeln den Palast in einen Minigolfparcours.

Doch es gibt auch mehrere Ideen, die sich ganz von den Polen Palast oder Schloss abwenden und historische Bezüge ablehnen. In der Kategorie X-Ideen finden sich die spannendsten Entwürfe, wie etwa das eingangs vorgestellte „Palastparken“. Auch die Berliner Architekten Kühn Malvezzi, die die Riekhalle am Hamburger Bahnhof umgestaltet haben, verzichten auf einen großen architektonischen Bau. Wie die An-Architekten arbeiten sie mit der leeren Fläche. Statt Parkbuchten schwebt ihnen ein begrünter „Lastgarten“ vor, der die Last der Geschichte trägt und ein Gegengewicht zu dem nach dem Palastabriss sinkenden Dom bildet.

Ausstellung: 16. Juli bis 26. August, Foyer, Palast der Republik, im Juli sonntags von 15 bis 18 Uhr, ab 5. August täglich von 10 bis 22 Uhr. Symposium am 16. Juli um 14.30 Uhr