berliner szenen: Vielleicht war ich nur paranoid
Es bufferte, ein großer Kreis drehte sich über das Bild, das sich wie eingefroren anfühlte. Man darf es nicht eiliger haben als Gott, aber an diesem Tag, einem gewöhnlichen Donnerstag, war mir das egal. Ich fühlte mich verfolgt, zumindest beobachtet, von diesen fünf oder sechs starren Anzugträgern in minderer oder höherer Position, das war nicht genau zu ermitteln.
Es waren Männer mit harten, ausdruckslosen Gesichtern, die vor dem Hotel Berlin standen und nicht rauchten, natürlich nicht. Ich duckte mich unter den gegenüberliegenden Funktionsbauten, streifte ein Verkehrsschild, torkelte an einem liegenden E-Scooter vorbei. Kurzer Blick in den drohnenfreien Himmel, die Wolken hatten sich in Luft aufgelöst. Es war immer noch ein kalter Wintertag, trotz der milden Sonne, die Kälte zog bis in die morschen Knochen, aber ich schwitzte, meine Angst wurde ruchbar, jeder gemeine Hund hätte mich längst angefallen. Ich achtete auf meine Schritte, während der Betonboden nachgab, der Stein federte, und hatte nichts im Bewusstsein außer dem Bewusstsein, dass selten etwas so klar und deutlich war wie die Bedrohung, die von diesen Männern ausging. Vielleicht war ich auch nur paranoid. Aber das hieß bekanntlich nicht, dass die Bedrohung nicht real war. Ich hatte meine Lektionen gelernt, ich hatte meine Schallplatten gehört, so verstaubt sie mittlerweile auch waren.
Manche Wahrheiten versendeten sich nicht, verblassten nie. Irgendwann, gefühlte Dezennien später, hatte ich die Bedrohung endlich hinter mir gelassen, mich geografisch befreit, und die Pforten der Wahrnehmung standen empfangsbereit. Es waren automatische Schiebetüren, die zur lokalen, öffentlich-rechtlichen Sendeanstalt, Abteilung Livestream, Kurfürstenstraße, Charlottenburg, führten. Sie öffneten sich wie selbstverständlich. René Hamann
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