berliner szenen: Sie können das besser gebrauchen
Meine Freund:innen wünschen mir eine gute Fahrt, ich steige in mein Auto und parke aus der Parklücke vor einem der letzten bunten Häuser in der Rigaer Str. aus. Zwei Meter weiter kommt mir ein Wagen auf meiner Fahrbahnseite entgegen. Der Hund und ich sind angeschnallt. Im Reflex lenke ich nach rechts und krache mit einem sehr lauten Knall in parkende Autos. Das andere Auto hat sich aus dem Staub gemacht. Fahrerflucht. Ich steige unter Schock aus, meine herbeigeeilten Freund:innen sagen mir, dass ich die Polizei rufen muss. Na toll, denke ich. Die Polizei rufen, vor einem einschlägigen Haus im Nordkiez Friedrichshain. Man sieht mir an, dass ich zu „diesen Leuten da“ gehöre. Den Begriff „diese Leute da“ leihe ich mir von einem Polizisten bei einem sehr brutalen Einsatz gegen das Haus und die Bewohner:innen vor einigen Jahren, der zwar nicht wusste, warum er konkret da war, aber pauschal meinte, „na wegen dieser Leute da“. Zurück zum Unfall. Zwei Polizisten kommen wenig später. Ich bin aufgeregt, völlig unter Schock, mein Hund auch. Es sei nicht meine Schuld und ich solle mir keine Sorgen machen, sagen die beiden und nehmen ruhig und freundlich den Unfall auf, halten meinen Hund, als ich die Papiere suche. Bevor sie weiterfahren, sagt der eine Polizist: „Warten Sie mal, wir haben was gefunden. Liegt im Auto. Sie können das besser brauchen.“ Mir wird ganz komisch, was holen die jetzt? Kommt doch noch der erwartete Alkoholtest? Sie gehen zum Auto. Der eine kommt zurück und drückt mir ein Bier in die Hand. Ich bin baff. Schlichtungstaktik oder einfach Nettigkeit? Ich weiß es nicht. Hätte aber gerne ein Bild von meinem Gesicht in dem Moment mit dem Bier in der Hand. Ich muss lächeln. Geht doch. „Diese Leute da“ sind nämlich übrigens auch gar nicht so schlimm.
Désirée Fischbach
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