: Nicht schießen!
ARTENSCHUTZ Niedersächsischer Robbenexperte lehnt die geforderte Jagd auf Seehunde in der Nordsee ab. Der Rekordbestand der Tiere sei ein gutes Zeichen für das Wattenmeer und keine Gefahr für Plattfische
Der niedersächsische Seehundexperte Michael Stede hat die geforderte Jagd auf Robben im Wattenmeer kritisiert. „Die Jagd auf Seehunde ist Blödsinn“, sagte Stede. Es sei nicht richtig, dass die Robben zu viele Plattfische und Dorsche fräßen. Wenn es zu wenig Scholle, Butt und Kabeljau gäbe, liege das weniger an den Robben als vielmehr an der Überfischung der Nordsee.
Der Vorsitzende des Landesfischereiverband Schleswig-Holstein, Lorenz Marckwardt, hatte Seehunde dafür verantwortlich, dass die Fischer im Watt immer weniger Plattfische fangen.
„Seehunde fressen alles, was ihnen vor die Schnauze kommt“, sagte der Tiermediziner Stede, der sich im Auftrag des Landes Niedersachsen seit Jahrzehnten mit den Seehunden beschäftigt hat. Sie seien keine Feinschmecker, die sich nur von bestimmten Fischarten ernähren. Es sei ein gutes Zeichen für den Zustand des Meeres, dass es derzeit so viele Seehunde in der Nordsee gibt wie noch nie seit Beginn der Zählungen im Jahr 1958. Und für die Tiere sei es auch kein Problem. „Für die rund 20.000 Seehunde ist die Nordsee ein riesiger Lebensraum“, sagte Stede.
Bei den großen Seehundstaupen-Epidemien 1988 und 2002 seien mehr als die Hälfte der Tiere verendet. Seitdem habe sich der Bestand erholt, sagte Stede. Die Idee, durch eine massive Jagd die Gesundheit der Tiere zu erhalten, weil weniger Tiere sich anstecken könnten, hält der Mediziner ebenfalls für abwegig. Bei beiden Epidemien waren die Erreger durch andere Robben aus dem Nordost-Atlantik eingeschleppt worden.
Auch Schleswig-Holsteins Umweltminister Robert Habeck (Grüne) hatte den Vorstoß bereits abgelehnt. „Für die Jagd gibt es keine fachliche biologische Begründung“, sagte er. Zudem wäre die Jagd „politisch falsch und rechtlich nicht möglich“. Die Seehunde in den Nationalparks von Dänemark bis in die Niederlande seien streng geschützt. Der große Bestand sei „einer der großen Erfolge der Schutzmaßnahmen im Wattenmeer“. (epd / taz)