: Autobahn um jeden Preis
Die A 20 soll die Ostseeautobahn durch Schleswig-Holstein weiter führen bis Glücksstadt. Zwar ist die Finanzierung noch nicht gesichert, aber Carstensen freut sich schon mal über das Okay aus Berlin
von Eiken Bruhn
Eine Freudenbotschaft setzte gestern Schleswig-Holsteins Ministerpräsident ab. Man habe „jetzt endgültig Klarheit und Rechtssicherheit über den künftigen Verlauf der Autobahn 20 erreicht“, sagte Peter Harry Carstensen (CDU). Das Bundesverkehrsministerium habe dem geplanten weiteren Verlauf der neuen A 20 zwischen Lübeck und Glücksstadt zugestimmt, der Fortsetzung der fertig gestellten Ostseeautobahn, die sich an der Küste in Mecklenburg-Vorpommern entlang zieht. Ein erster Teil befindet sich bereits im Bau, bis 2010 sollen alle Streckenabschnitte baureif sein – davon ausgehend, dass die Klagen von Naturschutzverbänden wegen der Zerstörung von Biotopen wie einiger Moorlandschaften westlich des Kurortes Bad Segeberg abgewiesen werden.
„Erhebliche ökologische Probleme“ sieht auch der Grüne Bundestagsabgeordnete und ehemalige schleswig-holsteinische Umweltminister Rainder Steenblock. Ein weiteres Problem sei, dass die Landesregierung darauf setzt, das letzte Teilstück – die Querung der Elbe bei Glücksstadt nordwestlich von Hamburg – privat finanzieren zu lassen. Ein Tunnel ist nach Einschätzung der Landesregierung „die einzig sinnvolle Lösung“, zur Finanzierung des Bauvorhabens sollen „schon bald erste Gespräche mit Investoren geführt werden“, so Carstensen.
„Was passiert, wenn die Gelder dafür nicht zusammenkommen?“, fragt der Grüne Steenblock und befürchtet eine „Trasse ins Nirwana“. Er rechnet damit, dass nur der Abschnitt bis zur A 21 nach Kiel mit Sicherheit gebaut wird. Und selbst wenn tatsächlich in naher Zukunft die ganze Autobahn Schleswig-Holstein in der einzigen Ost-West-Achse zerschneidet, sei noch nicht klar, dass sie auf niedersächsischer Seite wirklich fortgeführt werde. Dort plant man nämlich die A 22, die parallel zur niedersächsischen Küste laufen soll und im ostfriesischen Westerstede auf die A 28 stoßen würde. Steenblock: „Eine Autobahn von Lübeck nach Westerstede – ob das die Wirtschaft voranbringt?“ Von Vorteil sei das einzig für die Holländer: „Die können dann nämlich direkt von Rotterdam nach Skandinavien durchfahren.“
Anders als die A 20 gehört die niedersächsische A 22 allerdings nicht zu den Projekten, deren Realisierung der Financier – das Bundesverkehrsministerium – für vorrangig hält. Niedersachsens schwarz-gelbe Landesregierung sieht das naturgemäß ganz anders. Sie will „ihre“ Küstenautobahn unbedingt – um dem in Wilhelmshaven geplanten Tiefwasserhafen den Rücken zu stärken.
Um diesem Ziel näher zu kommen, hat das Land Niedersachsen angekündigt, gemeinsam mit Unternehmen, Landkreisen und Kommunen für ein Drittel der Planungskosten aufzukommen. Untersucht werden derzeit zwei Varianten, die nördlich und südlich auf die Bremerhavener Autobahn treffen. Naturschützer und Anwohnerinitiativen machen auch hier schon mobil gegen das, was sie als Verschwendung von Steuergeldern und Zerstörung von Lebensräumen betrachten.
Bürgerinitiativen gegen Weiterbau der Autobahn in Schleswig-Holstein und Niedersachsen: www.kontra-a20.de