wortwechsel: Prozession der Traktoren. Bauern wütend
Die Erzählung geht wie folgt: Die Regierung will die Umwelt schützen, die Bauern protestieren. Ist es so einfach? Plus: Integrationskurse, Antifaschismus und Rainer Wendt
Wir sorgen für euch
„ Gülle, Gülle! “, taz vom 26. 11. 19
Sehr geehrte Redaktion der taz, die zentrale Botschaft der Demo haben Sie offensichtlich nicht verstanden: Redet mit uns statt über uns! Wir Landwirte wollen, dass im Zuge der Gestaltung und Ausrichtung der Landwirtschaftspolitik mit uns und nicht nur über uns geredet wird. In keinem Beitrag wurde sich einmal die Mühe gemacht, mit einem Landwirt direkt zu reden, um die Sorgen und Nöte der Landwirte zu erfahren. Stattdessen gibt es sehr viel Meinung der Reporter. Auch wenn das Land von Berlin weit weg ist, wir sorgen für euer Essen. Scheint so, dass Sie erst Hunger leiden müssen, bevor es in Ihren Redaktionsräumen ankommt.
Für den Fall, dass Sie sich einmal bei den Landwirten informieren wollen, sprechen Sie uns gern an, wir setzen auf den Dialog, genau deshalb waren wir in Berlin unterwegs. Nils Kruse, Kronprinzenkoog
„Bauernfähigkeit“
„ Bauern sind auch nur Kapitalisten“ ,
taz vom 26. 11. 19
Ulrike Herrmann schreibt, „in den 1930er Jahren waren viele Höfe so klein, dass ihre Besitzer hungern mussten“, „1933 lebten 12 Millionen Deutsche auf Bauernhöfen, die eigentlich zu klein waren, um einen ausreichenden Lebensstandard zu sichern“, und „erst ab den 1950ern wurde das Landleben langsam bequemer“.
Zur (Land-)Wirtschaftsgeschichte gehören die Jahre ab 1933: Schon zum Ende des ersten landwirtschaftlichen Wirtschaftsjahres nach der nationalsozialistischen Machtübernahme, also Ende September 1933, trat das Reichserbhofgesetz in Kraft. Es änderte das bisherige Erbrecht, um größere Höfe zu erhalten und zu fördern. Nebenher enthielt es die rassistische und politische Prüfung der „Bauernfähigkeit“ potenzieller Erben, die eine Umverteilung gegenüber dem zuvor gültigen Erbrecht begründete. Monika Lege, Hamburg
Bündnisse schließen
„ Bauern sind auch nur Kapitalisten“,
taz vom 26. 11. 19
Liebe Ulrike Herrmann, waren das jetzt 10.000 Kapitalisten, die am Dienstag auf Berlins Straßen demonstriert haben? Und kommen die zur Vernunft, wenn man ihnen sagt, dass ihre bäuerlichen Vorfahren arm und hungrig waren? Wäre es nicht zielführender, darüber nachzudenken, welchen Rahmen eine grüne Agrarpolitik bieten kann, damit konventionelle Landwirte ihren Beitrag zum Klimaschutz und zum Artenschutz leisten? Sind konventionelle Landwirte pauschal als Feinde zu betrachten – oder ergibt es Sinn, über gesellschaftliche Bündnisse nachzudenken? Helmut Hallier, Berlin
Ast wird abgesägt
„ Tausende Landwirt:innen protestieren in Berlin“, taz vom 27. 11. 19
Die Demonstrationen der Bauern sind doch ein Paradoxon: Gerade auch die Landwirtschaft ist durch den Klimawandel besonders bedroht, ohne Insekten keine Bestäubung mehr, Überflutungen bedrohen ganze Landstriche, ganz zu schweigen von den gravierenden Bränden, gerade in Brandenburg. Im Sommer bei der anhaltenden Hitzeperiode war es gerade die Bauerngemeinschaft, die sofort nach Hilfen verlangte. Kann man denn den Ast absägen, auf dem man sitzt?
Helga Schneider-Ludorff, Oberursel
Liebloses Essen
„ Pasta lieben, Pasta leben“,
taz vom 23./24. 11. 19
Liebe Frau Ewert, danke, der Artikel bringt die italienische Einstellung zum Essen gut rüber, genau meine Erfahrung! Ich habe eine Zeit lang in Bologna gelebt und fand nach der Rückkehr nach Deutschland die Lieblosigkeit, mit der eine Mahlzeit zur reinen Nahrungsaufnahme degradiert wird, entsetzlich. Quasi aus purer Verzweiflung habe ich dann ein Restaurant mit deutscher Küche eröffnet – einfach um zu zeigen, dass es auch anders geht.
Auch in Deutschland gibt es kleine, handwerklich arbeitende Produzenten und artgerechte Tierhaltung, das wird aber von der Öffentlichkeit kaum wahrgenommen. Ist ja auch nicht schnell und billig. Was ich sagen will: Die italienische Einstellung zum Essen lässt sich auch in Deutschland leben! Martina Kuhnert, Bad Godesberg
Prekär lehren
„ Senkt die Hürden! “, taz vom 22. 11. 19
In dem Artikel von Dorian Baganz fordert der Autor, das zu erlangende Niveau B1 am Ende des Integrationskurses zu senken, da es für viele Teilnehmende schwer zu erreichen sei. Als Kursleiterin von Integrationskursen mit vielen Jahren Berufserfahrung frage ich mich, wem das nützen soll. Den meisten Teilnehmenden der Integrationskurse sicherlich nicht. Denn schon das Niveau B1 ist für die Aufnahme einer Berufstätigkeit oder einer Ausbildung in Deutschland meist nicht ausreichend. Von daher forderten wir schon lange, dass es zusätzliche Kurse auf Niveau B2 gibt, die vom Staat finanziert werden. Dieser Forderung ist die Bundesregierung nun endlich nachgekommen.
Nicht angesprochen, aber bedeutsam für die Gestaltung der Kurse werden hier aber leider nicht die prekären Arbeitsbedingungen der Lehrkräfte in Integrationskursen, die in staatlichem Auftrag über lokale Träger beschäftigt sind, ohne dass der Staat für die hälftigen Sozialabgaben aufkommt, ohne Lohnfortzahlung bei Krankheit und Urlaub. Das ist ein Problem bezüglich der Organisation der Integrationskurse, das dringendes Handeln erfordert. Wir Lehrkräfte im Bündnis DaF/DaZ-Lehrkräfte setzen uns in 40 lokalen Initiativen dafür ein! Monika Strauß-Rolke, Bonn
Solidarität!
„ Lieber freie Presse“, taz vom 25. 11. 19
Liebe Andrea Röpke, lieber Andreas Speit, angesichts der Bedrohung für euch und andere Journalistinnen möchten wir euch unseren herzlichen Dank aussprechen für eure Berichterstattung vom rechten Rand und von der Rechtsentwicklung in unserer Gesellschaft. Wir lesen jeden eurer Artikel in taz und Kontext, weil die Informationen so detailliert, kenntnisreich und umfassend sind.
Dass ihr und andere ins Fadenkreuz der Rechtsextremisten gekommen seid, verwundert nicht. Wir können uns kaum vorstellen, was es konkret bedeutet, wenn man so massiv bedroht wird wie ihr und andere zurzeit. Auf diesem Wege drücken wir euch unsere Solidarität aus. Wir wünschen uns, dass ihr weiter so wachsam bleibt, euch traut zu recherchieren und vor allem, dass viele Menschen solidarisch sind und damit zu eurem Schutz beitragen. Brigitte Lattwesen, Herbert Hinsch, Hamburg
Kritischer Journalismus
„ Zurück zu den Regeln“, taz vom 22. 11. 19
Lieber Jannis Hagmann, danke für den klaren und fundierten Artikel zum EuGH-Urteil zur israelischen Siedlungspolitik. Er hat nicht nur deutlich gemacht, mit welchen Halbwahrheiten und fadenscheinigen Argumenten in der Presse – leider bis zur taz – verantwortungslos Stimmung gemacht wird. Er hat nebenbei einem langjährigen taz-Abonnenten die Hoffnung gegeben, dass der kritische Journalismus auch in dieser Frage in seiner Zeitung nicht ganz untergegangen ist. Norbert Faber, Berlin
Gänzlich ungeeignet
„ Hochgradig verantwortungslos“, taz vom 26. 11. 19
Der Vorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft, Rainer Wendt, erscheint mir allein von seinem Habitus her gänzlich ungeeignet für ein politisches Amt. Dass es bei einigen in der CDU Sachsen-Anhalt offensichtlich Zweifel an dieser „Deplatzierung“ gegeben hat, ist erschreckend. Hiernach drängt sich erneut die Frage auf, wie lange die CDU noch bereit und fähig ist, einen (opportunistischen) Handschlag mit der AfD zu verweigern. Der von Wendt nach dessen „Dienstverhinderung“ geübte Duktus jedenfalls unterstreicht, dass kein demokratisches Talent an ihm verloren gegangen ist. Matthias Bartsch, Lichtenau
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