Jan-Paul Koopmann Popmusik und Eigensinn: Zwischen Bass und Bass
Die Musik von Om fühlt sich erheblich härter an als sie ist. Und schon dieser Befund ist nicht ganz einfach, weil das ja ohnehin ein ganz komischer Wert ist. Bei Om wird er zum Beispiel vor allem vom Kontext transportiert. Da stehen Menschen mit Bass und Schlagzeug auf der Bühne, ein minimalistisches Rock-Set-up, dessen Ausstrahlung auch vom Wissen gespeist wird, dass eben diese Musiker ursprünglich mit einer anderen Band berühmt geworden sind. Sleep nämlich, die mit Earth und Kyuss zum Fundament der Stoner-Doom-Mischpoke zählen.
Bei Om allerdings bleiben diese Gitarrenrock-Momente schon wegen der fehlenden Gitarre eher abwesend. Geblieben ist dieses hypnotische Einstampfen, das wundersame Transzendenzmomente schafft und einen paradox aktiviert wegdämmern lässt. Auch die orientalisch anmutende Staffage der jüngeren Alben ändert nichts an der schlichten, sphärischen Reinheit dieses Sounds, harmlos verpufft nach wenigen Saitenschlägen auch diese äußere Ähnlichkeit zu esoterischem Hokuspokus. Aus Mantra wird Rhythmus, aus Text ein waberndes Nichts. Auch wegen dieser Beschränkung auf den reinen Effekt will man so gern von „Härte“ sprechen, obwohl die Musik das im technischen Sinne gar nicht hergibt.
In Bremen werden Om spektakulärerweise von Kevin „The Bug“ Martin begleitet, der zwar voll im fast schon genrestiftenden Zusammenhang seines Labels Ninja Tune aufgeht – ansonsten aber auch ein schwer zu verortendes Konglomerat aus Dubstep, Industrial, Dancehall, Hip-Hop, Jazzcore und Wasweißich auffährt. Elektronische Musik jedenfalls, die mit Oms Rockwurzeln erst mal gar nichts zu tun hat, sich dann aber nachweislich hervorragend damit verträgt. Mit Wummer-Bass und Saiten-Bass kreisen beide um ein Ambientgebilde, das keine Zeit für Genrefragen hat und auch Zuhörer*innen keine lässt. Eine stimmige Mischung, die The Bug vor ein paar Jahren übrigens bereits mit Earth durchgespielt hat, wie es sich auf der wunderbaren Platte „Boa / Cold“ (Ninja Tune, 2014) nachhören lässt. Die gemeinsamen Konzerte dürften jedenfalls zu den Höhepunkten der Om-Tour zählen. Dass Bremen neben Leipzig die einzige deutsche Station ist, freut nicht nur die Provinz, sondern ist auch aus dem ganzen Norden eine Reise wert.
Di, 30. 7., 19 Uhr, Bremen, Tower Musikclub
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