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Archiv-Artikel

SPD wählen ist gut für die Gesundheit

taz geht wählen – die Serie zur Bundestagswahl am 18. September. Die 64 nordrhein-westfälischen Direktwahlkreise im Portrait. Wer kämpft um das Mandat? Wer sind die Außenseiter? Wer gewinnt? Heute: Leverkusen-Köln IV

Leverkusen-Köln IV?

Seit dem bundesweiten Neuzuschnitt der Wahlkreise vor der Bundestagswahl 2002 müssen sich die rund 160.000 Leverkusener ihren direkt gewählten Abgeordneten mit den 140.000 Einwohnern des rechtsrheinischen Kölner Stadtbezirks Mülheim teilen. Bitter ist das vor allem für die SPD. Denn seit Jahrzehnten gewannen deren Kandidaten sowohl in Köln-Mülheim als auch in Leverkusen jeweils das Direktmandat. Nun ist aus zweien eins geworden. Aber dafür gilt das nach wie vor als relativ sicher.

Wer verteidigt den Wahlkreis?

2002 gewann der SPD-Kandidat Ernst Küchler mit 49,8 Prozent der Erststimmen deutlich. Allerdings blieb er nicht lange im Parlament. Denn die Leverkusener wählten ihn im letzten Jahr zu ihrem neuen Oberbürgermeister – und Küchler gab sein Bundestagsmandat zurück. Jetzt treten die Genossen mit einem Seiteneinsteiger an. Aber mit was für einem! Mit Karl Lauterbach, dem Professor mit der Fliege! Nicht nur nach Meinung der Zeit ist der streitbare Gesundheitsökonom und Regierungsberater „der prominenteste unter denen, die zum ersten Mal für die SPD in den Bundestag wollen“. Die Wahlkampfstrategie des 42-Jährigen: „Man muss einen Wahlkreis Block für Block erobern.“ Sein Wahlmotto: „Erststimme für die Bürgerversicherung“. Tatsächlich würde die Zweitstimme Lauterbach auch nicht wirklich etwas nutzen, auf der Landesliste der NRW-SPD steht er auf dem völlig aussichtslosen Platz 78.

Wer will den Wahlkreis?

Mal wieder Helmut Nowak. Warum auch nicht? Der ist schließlich geübt im Verlieren. Bereits zwei Mal versuchte der 64-jährige Geschäftsführende Gesellschafter einer Leverkusener Brillengestellfirma für die CDU das Direktmandat zu holen – vergeblich. Immerhin konnte Nowak, der es erneut auch nicht über die Landesliste ins Parlament schaffen kann, bei der Wahl 2002 mit einer ausländerfeindlich gefärbten Kampagne („Weniger Zuwanderung – mehr Arbeitsplätze“) den Rückstand auf seinen SPD-Konkurrenten auf knapp unter 16 Prozentpunkte verringern.

Die großen Außenseiter?

Bayer Leverkusen oder 1. FC Köln – das ist die Frage, die die Menschen in diesem zweigeteilten Wahlkreis bewegt. Und was machen die Grünen? Sie stellen einen Schalke-Fan auf! So wird die Partei denn auch diesmal wieder deutlich weniger Erst- als Zweitstimmen erhalten. Reinhard Loske wird's nichts ausmachen. Seit 1998 im Parlament, ist der 46-jährige Vize-Fraktionsvorsitzende der Grünen im Bundestag auch diesmal wieder auf der Landesliste gut abgesichert. Denn da ist er „männlicher Spitzenkandidat“ (Loskes Homepage). Gemeint ist: Er ist die Nummer 2 hinter Frontfrau Bärbel Höhn. Auf Landeslistenplatz 2 der Linkspartei steht die einzige Frau, die im Wahlkreis kandidiert: Ulla Lötzer. Womit auch die 55-jährige Gewerkschaftssekretärin dem neuen Bundestag wieder angehören dürfte. In dem saß sie bis 2002 vier Jahre lang für die PDS. Ach, und dann ist da noch der FDP-Kandidat Manfred Wolf. Der selbständige Steuerberater und Kölner Ratsherr wird sich nach der Wahl wieder ganz der Kommunalpolitik widmen können.

Die taz-Prognose?

Der Wahlkreis bleibt in SPD-Hand. Der Lauterbach macht's. Was gesundheitspolitisch auch sicherlich nicht die schlechteste Wahl ist. PASCAL BEUCKER