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Archiv-Artikel

Steuerbetrügern auf der Spur

CSU will Vorsteuerabzug beim Finanzamt abschaffen, um milliardenteure Kriminalität zu verhindern. Bund für anderes Modell. Test-Planspiel dauert länger als geplant

Das Volumen des Steuerbetrugs wird auf 20 Milliarden Euro geschätzt

BERLIN taz ■ Der bayerische Finanzminister Kurt Faltlhauser (CSU) muss sich mit der „strukturellen Bekämpfung“ des Betrugs bei der Umsatzsteuer noch ein bisschen gedulden. Denn das von Bund und Länder initiierte Planspiel für zwei neue Umsatzsteuermodelle wird nicht vor der Bundestagswahl fertig.

Vor einem Jahr hatten die Finanzminister von Bayern und Rheinland-Pfalz die Diskussion für eine Reform des bestehenden Steuerrechts angestoßen. Kernpunkt der Überlegungen ist das Vorsteuerprinzip. Danach fordert ein Unternehmen die vom Händler im Kaufpreis enthaltene Mehrwertsteuer von ermäßigt 7 oder 16 Prozent vom Finanzamt zurück. Die eigentliche Mehrwertsteuer zahlt nur der Endkunde. Die Steuerbetrüger profitieren davon, dass sie fingierte Rechnungen aufsetzen und einen Handel vortäuschen, um die Vorsteuerzahlungen des Finanzministeriums einzukassieren.

Eine alarmierende Studie des Bundesrechnungshofes (BRH) errechnete für 2004 ein Betrugsvolumen von 20 Milliarden Euro. So genannte Umsatzsteuerkarusselle sollen den Staat um 4 bis 5 Milliarden im Jahr erleichtern. Der bayerische Minister Faltlhauser will deshalb das Vorsteuer-Prinzip und damit die Grundlage der Betrügereien kurzerhand abschaffen. Das von ihm und dem rheinland-pfälzischen Finanzminister Gernot Mittler (SPD) favorisierte „Reserve Charge Modell“ soll dafür sorgen, dass „im zwischenunternehmerischen Bereich keine umsatzbedingten Zahlungsbewegungen“ mehr stattfinden. Die Firmen müssten also keine Vorsteuer mehr an das Finanzamt abführen, die Rückzahlung würde wegfallen. Nur die Mehrwertsteuer, die die Endverbraucher im Geschäft bezahlen, würde demnach an das Finanzamt überwiesen.

Ob das Modell die Umsatzsteuerkriminalität dauerhaft eindämmen kann, sollen die Ergebnisse eines Planspiel zeigen, das seit gut einem Jahr läuft. Eigentlich wollte man es längst beenden. Unter der Aufsicht von Bund und Ländern sind die Akteure des Planspiels angehalten, alle erdenklichen betrügerischen Machenschaften durchzuspielen. Das bayrische Finanzministerium mimt sich mit drei Mitspielern dabei selbst.

Neben dem „Reserve Charge Modell“ wird noch ein zweites vom Bundesfinanzministerium bevorzugtes Modell durchgeprobt: die „Ist-Versteuerung mit Cross-Check“. Danach soll die Vorsteuer zwar erhalten, aber durch Rechnungsprüfungen sowie dem Vergleich von Vorsteuerforderungen und gemeldeten Umsatzsteuern besser kontrolliert werden. Faltlhauser und sein Kollege aus Rheinland-Pfalz versuchen dagegen die Öffentlichkeit vom „Reserve Charge Modells zu überzeugen.

Doch selbst, wenn das Konzept erst mal überzeugend klingt, erinnert Kristina van Deuverden vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle daran, dass auch die jetzige Vorsteuerregelung einen Sinn hat: „Der Vorsteuerabzug ist auch ein Kontrollelement“ für die Gewinnermittlung beim Finanzamt. Zumindest für ehrliche Unternehmen. Denn nur durch die Vorsteuer habe das Unternehmen ein Interesse daran, seinen Handel beim Fiskus zu melden, so van Deuverden.

SUSANNE GÖTZE