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wortwechselWer übernimmt Verantwortung?

Sexueller Missbrauch fand in der DDR, der BRD und unter dem Dach der Kirche statt – Hilfe für die Opfer wird kaum gewährt. Und der alte Streit über die Definition von Antisemitismus

Verriegelung im einstigen Jugendwerkhof Torgau Foto: Peter Endig/dpa/picture alliance

Betroffenheitsworte

„Vergewaltigt, verleumdet, vergessen“, taz vom 7. 3. 19

Liebes taz-Team, vielen Dank für den ausführlichen Leitartikel heute zum Bericht der Aufarbeitungskommission zu sexuellem Missbrauch in der DDR. Es ist erschütternd und beschämend, die Ergebnisse der Studie zu lesen. Nicht nur wegen des unerträglichen Ausmaßes und der unsäglichen Brutalität dessen, was früher in der DDR und auch in der BRD an Missbrauch in Familien und Institutionen verübt und vertuscht wurde. Beschämend finde ich vor allem, dass nach vor die Betroffenen in der Regel weder eine Anerkennung ihres Leides noch Gerechtigkeit durch die Justiz und schon gar keine Entschädigung erhalten. Weder die Opfer von „damals“ noch die von heute.

Sexueller Missbrauch ist schon lange kein Tabu mehr. Jeden Tag gibt es mediale Berichte und viele Betroffenheitsworte von Politik, Kirchen und anderen Institutionen. Ein Gradmesser dafür, wie ernst es Verantwortlichen damit ist, an diesen massiven alltäglichen Menschenrechtsverletzungen früher und heute etwas zu verändern, sind konkrete Maßnahmen und nicht zuletzt Geld, um diese umzusetzen. Genau das fehlt aber nach wie vor und damit auch jede Glaubwürdigkeit derer, die ihre Entrüstung und Betroffenheit äußern.

Die katholische Kirche hat dies in den letzten Wochen sehr deutlich gezeigt, aber auch in der Bundes- und Länderpolitik und auch in der Justiz sieht es nicht viel anders aus. Betroffene erhalten keine Entschädigung, und Beratungsstellen, die Gewaltopfer begleiten und unterstützen, fehlen immer noch in vielen Gegenden, ganz besonders für männliche Opfer. Und die Beratungsstellen, die es gibt, müssen Jahr für Jahr dafür kämpfen, ihr Angebot aufrechterhalten zu können.

Beschämend ist nicht zuletzt, dass die Aufarbeitungskommission, die einen so wichtigen Beitrag zur gesellschaftlichen Auseinandersetzung mit sexuellem Missbrauch leistet, dies ehrenamtlich mit einem schmalen Budget und ohne gesetzliche Grundlage tun muss. Auch das verdeutlicht, wie „wichtig“ die Bundesregierung dieses Thema nimmt.

Dass es auch anders geht, zeigen Länder wie Australien. Hier gibt es eine Aufarbeitungskommission mit einem gesetzlichen Auftrag ausgestattet, der Akteneinsicht bei Heimen und anderen Institutionen ermöglicht. Zudem ist die Kommission dort mit einem großen finanziellen Budget ausgestattet und kann selbstverständlich Fachkräfte dafür bezahlen, sich dieser herausfordernden Aufgabe zu stellen.

Ich will endlich konkrete Maßnahmen sehen und zwar welche, die wirklich greifen! Maren Kolshorn, Göttingen

Der Beitrag der Jungs

Solibotschaft zur Frauen-taz

8. März Frauen-taz, super!

Wobei, ich halte es da mehr mit Lisa Eckhard, 80 Prozent fordern und sich von den Jungs dann auf 50 Prozent runterhandeln lassen … und das jeden Tag. In der taz vom 6. März sind circa 14 Wort- und Bildbeiträge von Frauen und 32 von Männern. An anderen Tagen sieht das ähnlich aus. Mich interessiert, wie die weibliche Hälfte der Menschheit unsere Gesellschaft sieht und bewertet, und bei den Jungs interessiert mich deren Beitrag zur Reproduktionsarbeit. Der Gleichheitsgrundsatz aus dem Grundgesetz ist umzusetzen! Klaus-Peter Klauner, Brühl

Wo ist der Beweis?

„Sollte die Jüdische Stimme den Göttin­ger Friedenspreis bekommen?“, taz vom 1. 3. 19

Sehr geehrter Herr Klein, gestatten Sie mir drei Fragen:

Sie werfen der Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost vor, sie trüge nicht zu einer „Verständigung“ der Konfliktparteien bei. Wie stellen Sie sich eine solche Verständigung zwischen Besetzten und Besatzern vor, wenn Letztere durch den fortgesetzten Siedlungsausbau zeigen, dass sie nicht geneigt sind, den Palästinensern das Westjordanland zu überlassen? Sie charakterisieren die Organisation Boycott, Divestment and Sanctions (BDS) als antisemitisch. Haben Sie dafür Beweise oder stützen Sie sich lediglich auf kolportierte Meinungen?

Ihrer Meinung nach ist BDS eine Organisation, die „Israel systematisch delegitimiert [und] dämonisiert“. Verstehen Sie darunter die Tatsache, dass BDS stets darauf hinweist, dass Israel seit Jahrzehnten, etwa durch den Siedlungsausbau, gegen das Völkerrecht verstößt, und dass Besatzung zwangsläufig zu Menschenrechtsverletzungen führt, wie Berichte aus Ha‘aretz fortlaufend zeigen? Andreas Unger, Berlin

Unsäglicher Vorwurf

„Jüdischer Dissens“, taz vom 6. 3. 19

Der Text von Charlotte Wiedemann zeigt in dankenswerter Klarheit ein Grundproblem der aktuellen Debatte zur israelischen Besatzungspolitik: die zunehmende Einschränkung der Meinungsfreiheit im öffentlichen Diskurs über dieses Thema und das Nichtzulassen von Meinungs­pluralismus in der jüdischen Community. Es muss möglich sein, die israelische Besatzung in Palästina als Menschen- und völkerrechtswidrig zu bezeichnen und entschiedene gewaltfreie Maßnahmen wie Kaufboykott zu fordern, ohne gleich dem unsäglichen Antisemitismusvorwurf ausgesetzt zu werden. Rainer Kandler, Bonn

Rassistische Worte

„Das strafende Volk“, taz vom 23. 2. 19

Ich möchte euch noch zu einem älteren Thema schreiben, und zwar zu Alain Finkielkraut, der von Gelbwesten beschimpft wurde:

Alain Finkielkraut ist nicht nur ein 64-jähriger jüdischer französischer Philosoph, dessen Vater Auschwitz überlebt hat. Er ist auch eine Person, die regelmäßig rassistische Worte hat und viel Platz in der Medienlandschaft bekommt. Er ist zum Beispiel Anhänger der These des „Grand remplacement“ von Renaud Camus. Nach dieser rechtsextremen (Verschwörungs-)Theorie gebe es einen Ersetzungsprozess der französischen und europäischen Bevölkerung durch eine afrikanische Bevölkerung, was von der politischen und intellektuellen Elite unterstützt werde.

Es geht natürlich nicht, ihn deshalb zu beschimpfen. Aber wenn man weiß, dass sein Gesicht deswegen bekannt ist (und nicht, weil sein Vater nach Auschwitz deportiert wurde), kann man doch die Situation anders sehen. Vielleicht wurde er nicht als Jude angegriffen, sondern als medienwirksame Person, die rassistische Worte äußert? Das ist zumindest eine Frage, die man sich stellen sollte und die in der Berichterstattung der taz leider gar nicht vorkam. Adèle Cailleteau, Paris

Unterrichtsausfall

„Schulpflicht und Klimaschutz: Böse, böse, prima, prima“, taz vom 4. 3. 19

Eine Kleinigkeit, eine Erfahrung am Rande kann den Tenor des Artikels noch verstärken: Auf den Zeugnissen meiner Kinder hat mich immer die Eintragung „versäumte Stunden“ geärgert und genervt. Die Menge der ausgefallenen Stunden war immer weitaus größer als die Menge der versäumten.

Mit meiner Forderung, zumindest den Unterrichtsausfall ebenfalls zu vermerken, stieß ich an allen Stellen auf taube Ohren. Weder der Direktor der Schule, noch der Schulrat, noch das Kultusministerium haben je darauf reagiert.

Gert Gropp, Kirchhoven

Falsche Mobilitätskultur

„Neue Volvos können nur 180 fahren“, taz vom 5. 3. 19

Die Perspektive dieser Überschrift formuliert den Standpunkt der Super-SUV- und Sportwagenfahrer. Die Überschrift zu diesem Artikel hätte man sprachlich anders gestalten müssen, denn so hätte Die Welt einen entsprechenden Artikel mit völlig anderer Tonlage überschrieben. Sie ist eine Reifizierung unserer falschen Mobilitätskultur aus redaktioneller Nachlässigkeit. Peter Lock, Hamburg

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