heute in bremen: „Es fließen noch immer Giftstoffe heraus“
Heidrun Pörtner, 55, ist 1. Vorsitzende des Vereins der Bürgerinitative Tanklager Farge zum Schutz der Umwelt und der Reinhaltung des Grundwassers in Bremen-Nord und Umgebung.
Interview Jan Zier
taz: Muss man sich noch Sorgen um das Trinkwasser in Farge machen, Frau Pörtner?
Heidrun Pörtner: Ja, und zwar nicht nur in Farge, sondern in ganz Bremen. In Farge wird nur ein Teil eigenes Trinkwasser für Bremen aufbereitet. Den größten Teil muss Bremen aus Niedersachsen dazukaufen und die Schadstoffe aus dem Bereich des ehemaligen Tanklagers belasten weiterhin das Grundwasserschutzgebiet in Bremen-Nord.
Aber es laufen ja schon seit 2010 Maßnahmen gegen die Ausbreitung dieser Schadstoffe. Trotzdem monieren Sie „fehlenden Sanierungswillen“. Warum?
Der Sanierungswille für den Hotspot – den ehemaligen Verladebahnhof 2 des Tanklagers – ist zwar da. Das dauert in unseren Augen aber viel zu lange. Das muss schneller gehen. Es fließen aus dem Gebiet noch immer Giftstoffe heraus – in das Grundwasser hinein. Dort sättigt es die Schadstofffahne, die sich mittlerweile über 80 Hektar ergießt und immer weiter ausbreitet. Was diese Schadstofffahne angeht, sehen wir keinerlei Sanierungswillen. Die Debatte darüber gerät scheinbar in Vergessenheit. Wir fordern das schon seit 2013 – wie sollen wir damit leben, wenn sie nicht saniert oder zumindest durch hydraulische Maßnahmen gesichert wird? Das Grundwasser wird außerhalb des Tanklagers derzeit nicht geschützt, sondern nur beobachtet.
Was müsste aus Ihrer Sicht passieren?
Die Ausbreitung der Schadstofffahne muss erst einmal eingedämmt werden. Anschließend brauchen wir einen Plan, wie diese riesengroße Fläche im Interesse der Umwelt, aber auch der BewohnerInnen, saniert werden kann.
Sind Sie da noch im Gespräch mit der rot-grünen Landesregierung?
Wir hatten Gespräche, die sind aber schon länger her. Damals waren wir guten Mutes, dass nun was passiert. Seither gibt es jedoch keine Signale, dass die Sanierung der Schadstofffahne zeitnah umgesetzt wird.
Arbeitskreis der Bürgerinitiative, Farger Kirchengemeinde, 19 Uhr, Farger Straße 19
Dafür gab es Ideen, das Tanklager wieder gewerblich zu nutzen. Da sieht der Senat „erhebliche Hürden“. Ist das also vom Tisch?
Das sehen wir genauso. Ein paar wenige OrtspolitikerInnen wollten wegen des Arbeitsplatzmangels dort Industrie ansiedeln. Wir sind aber dagegen, weil wir hier ein wunderschönes Wohngebiet haben und eine Aufforstung des Waldes, so wie das von Seiten des Bundes geplant ist, natürlich begrüßen.
Kann aus dem Gelände trotz der Kontamination künftig ein „hochwertiger Naturraum“ werden, wie der Senat sagt?
Ja! Schon heute befinden sich Teile des Naturschutzgebietes auf dem Gelände des Tanklagers. Dort hat sich ein Naturraum mit wertvollen Pflanzen und Amphibien gebildet. Das gilt es unbedingt zu erhalten!
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