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Philipp Rhensius hört auf den Sound der Stadt

Musik ist etwas schönes. Aber sie kann auch schrecklich sein, ein Instrument zur Manipulation der Massen oder gar ein Folterinstrument. Musik ist daher auch Politik, weil sie etwas markiert, das umkämpft ist, seien es Claims oder Identitäten. Das liegt daran, dass das Gehörte oft schnell einsortiert wird. Aber lassen sich die Gewohnheiten des Hörens eigentlich abtrainieren, sodass die Musik außerhalb irgendwelcher geographischen oder identitären Kategorien liegt? Wäre es nicht toll, Musik als reine Materialität wahrzunehmen, als etwas, das nicht schließt, sondern öffnet, hin zu neuen Welten? Um derartige Fragen geht es in der Ausstellungsreihe „Untraining the ear“ der Galerie Saavy Contemporary, die in der vierten Episode eine (Hör-)Ausstellung über das Ouvre und die Archive von José Montserrat Maceda (1917–2004) präsentiert. Er gilt als einer der bedeutendsten Musikethnologen, war Komponist und Konzertpianist. 60 Jahre lang arbeitete er mit traditionellen MusikerInnen aus Südostasien zusammen und hat auf den Philippinen, in Ost- und Westafrika, China, Indonesien, Thailand und Vietnam geforscht. Nun wird eines seiner Meisterwerke aufgeführt: Udlot-Udlot. In den Räumen des Verlagshauses Archive Books wird es statt mit ursprünglich 100 mit 36 Performen gespielt. (Müllerstr. 133, Performance: 1. 9., 19 Uhr, Ausstellung 29. 8. – 6. 9.).

MusikethnologInnen aus Südostasien könnten ihre Forschung zu urbaner experimenteller Musik in West-Europa am Donnerstag im Berghain beginnen, wohin das Mailänder Label Haunter Records seine besten KünstlerInnen mitbringt, die sich zwischen Noise und experimenteller Clubmusik bewegen. Neben dem Meister des verrauschten Breakbeat-Ambients Broshuda, der mit „Jemi“ sein Debüt veröffentlichte, werden Rhythmic Body Poetry-Musiker Heith, Petit Singe, die harsche Industrial-Rhythmen mit indischem Folk verschaltet sowie der Psychedelic Ambient Hip Hop-Act Ssaliva exklusive Livesets spielen, bevor Sense Fracture die Noise-Orgie mit aufgelegter Musik ausklingen lässt (Wriezener Bahnhof, 30. 8, 22 Uhr).

Elektronische Musik klingt oft einzigartig, weil ihre VertreterInnen eigene Sounds basteln, manchmal eigene Instrumente. Beim Festival Imaginäre Musik – Musik für präparierte und selbstgebaute Instrumente in den Uferstudios steht genau das im Fokus. Es stellt die Arbeit von neun KomponistInnen wie Tomomi Adachi, Silvia Ocougne oder Bob Rutman vor, die mittels einer neuen musikalischen Sprache genau das schaffen, wovon zuvor die Rede war: neue Welten (Uferstr. 23, 5. 9., 20 Uhr).

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